■ Mann des Tages: Der überaus unverhoffte Unglücksrabe: Jim Leighton (gleich doppelt geschultert)
Noch vor zwei Wochen dachte Jim Leighton vom FC Aberdeen nicht mal im Traum daran, daß er beim Eröffnungsspiel der WM gegen Brasilien auf dem Platz stehen könnte. Schließlich hieß der schottische Stammtorhüter seit Jahren Andy Goram. Der aber erklärte plötzlich völlig überraschend seinen WM-Verzicht, weil er über Presseberichte empört war, die ihn als passionierten Frauenhelden schilderten – was, wie eingeweihte Kreise munkeln, ziemlich vollständig der Wahrheit entsprach. Wie dem auch sei, plötzlich mußte Leighton, mit fast 40 Jahren der älteste Turnierspieler, die gemütliche Ersatzbank mit dem Strafraum vertauschen, jenem Ort, an dem er 1990 in Turin eine äußerst unglückliche Figur gemacht hatte. Zehn Minuten war Schottland damals davon entfernt, sich sensationellerweise erstmals für die zweite Runde einer WM zu qualifizieren, da ließ Leighton einen harmlosen Schuß von Alemao abprallen, und Muller schoß das 1:0 für Brasilien. Dabei blieb es, statt der Schotten zog Costa Rica ins Achtelfinale ein, und Leighton verlor seinen Stammplatz im Nationalteam und bei Manchester United. „Ich dachte, meine Karriere ist vorbei“, erinnert er sich heute.
Acht Jahre später bekam er nun Gelegenheit zu einem unwillkommenen Déjà-vu. Erst setzte ihm Cesar Sampaio den Ball mit der Schulter ins Netz, dann klatschte er einen Lupfer von Cafú an die Schulter seines Mitspielers Boyd, von wo die böswillige Kugel zum 2:1 für Brasilien ins Tor flog. Noch weiß niemand, ob Leightons Mißgeschick das erneute WM-Aus für die Homeflying Scotsmen bedeutete. Aber es käme einem lourdesmäßigen Wunder gleich, wenn dies nicht der Fall wäre.Matti
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