: Mandatsklau
■ betr.: "GAL: '... da war'n es wieder zwei' von Klaus Wolschner, taz vom 7.8.90
betr.: „GAL: ,...da war'n es wieder zwei“ von Klaus Wolschner, taz vom 7.8.90
(...) Der Artikel vermittelt der LeserInnenschaft, daß Mandatsklau völlig legitim ist, wenn „höherstehende“ Ziele (Zerschlagung der GAL-Hamburg) dahinterstehen.
Der Autor weiß natürlich nicht - da er in Berlin sitzt -, daß die Abgeordneten der jetzigen Frauenfraktion bei der Rotation im letzten Jahr sämtliche Beschlüsse der GAL zur Parlamentsarbeit (inklusive der „Vertragskonstruktion“ mit den MitarbeiterInnen der Fraktion) akzeptiert haben. Außerdem ist es unglaublich, daß Klaus Wolschner in knallharter ArbeitgeberInnen-Manier alle grünen Parlamentarier der BRD vor dem Arbeitsgerichtsurteil der MitarbeiterInnen der GAL-Fraktion warnt.
Der Realo Wolschner tritt somit für einen „rechtsfreien Raum“ für ArbeitnehmerInnen in grünen Fraktionen ein. Aber Herr Wolschner...
Angelo Wehrli, ehemaliger Referent der GAL-Fraktion für Wirtschaft, Haushalt und Finanzen
(...) Sind denn MitarbeiterInnen einer parlamentarischen Fraktion SklavInnen, die frau nach Belieben heuern und feuern kann, nur weil ihr der Sinn nach Mandatsklau und parteiinternem Putschversuch steht? Wer selbst„herr„lich von einem Tag auf den anderen keine Gehälter mehr zahlt, veränderte Fristen wegen ordentlich anberaumter Betriebsratswahlen mißachtet und erneut Anfang August Verträge, die eine Kündigungsklausel von drei Monaten zum Quartalsende beinhalten, zum 30.9. kündigen will, die hat nicht nur jedes politische Gewissen auf dem Rathausspielplatz verloren, sondern hat schlicht nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Wen kümmern schon Menschen und Sachverhalt, wenn diese AmokläuferInnen bei ihren verzweifelten Strampelversuchen, die GAL endlich unter die Fünfprozenthürde zu drücken, die FraktionsmitarbeiterInnen, die auf der Einhaltung der Verpflichtungen aus ihren Arbeitsverträgen bestehen und dabei (welch richterliche Frechheit!) vor dem Arbeitsgericht auch noch Recht bekommen, zur Speerspitze eines angeblichen Erpressungsversuches umlügen. (...)
Susanne Commerell, Ex-Pressesprecherin der GAL -Frauenfraktion, Hamburg (BRD)
(...) Der Inhalt jenen Geschreibsels verdeutlicht, daß der Schreiber entweder keine Ahnung von den Hamburger Geschehnissen um den Mandatsklau der vier Antidemokratinnen hat oder nicht weiß, was seriöser Journalismus ist. Lächerlich wird das Ganze wirklich, wenn das Grüne Forum sich mühsam abstrampeln muß, etwas als unrechtmäßig abzustempeln, was laut Arbeitsgerichtsurteil legitim und rechtmäßig ist: die Klage der ehemaligen GAL -MitarbeiterInnen gegen ihre fristlose, unsoziale und darüber hinaus noch formal unzulässige Kündigung.
Ist es dem Schreiber des „Artikels“ eigentlich nicht klar, was es für unsere sogenannte Demokratie bedeutet, wenn gewählte Abgeordnete mitten in der Legislatur keinen Bock mehr auf „ihre“ Partei haben und einfach eine gesamte Fraktion auflösen, die von den WählerInnen ins Parlament gewählt wurden? Das ist dezent umschrieben „Wahlbetrug“.
Und weil gewisse Damen auch keine Lust mehr auf ihre politisch nun nicht mehr genehmen MitarbeiterInnen haben, werden diese dann allen Kündigungsschutzbestimmungen zum Trotz fristlos entlassen. (...) Bei jedem „normalen“ Betrieb, der so mit seinen MitarbeiterInnen umspringt, würde es als selbstverständlich gelten, daß sie ihre legitimen Rechte wahrnehmen. Dies tun wir mit unseren Kündigungsschutzklagen.
(...) Da hilft kein Heulen und „Erpressung“ schreien: Wir sind von einem auf den anderen Tag auf die Straße gesetzt worden und müssen alleine aus Gründen der Existenzsicherung auf eine korrekte Abwicklung von Lohnfortzahlung, Kündigungsfristen und Sozialplänen achten. (...)
Die politische Null-Lösung namens Grünes Forum verdient aber ansonsten nicht ein Zehntel der Aufmerksamkeit, die sie verzweifelt zu erringen versucht.
Sanna Koch, unrechtmäßig gekündigte Fraktionsmitarbeiterin und Betriebsrätin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen