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Archiv-Artikel

Man spricht deutsch

Im Bürgerfunk wird die Deutschpflicht eingeführt. Sonst sei die Meinungsvielfalt gefährdet, argumentiert die NRW-Landesregierung – für Migrantenvertreter eine skandalöse Diskriminierung

VON NATALIE WIESMANN

Der Bürgerfunk wird zur deutschen Welle: Schwarz-Gelb plant, im neuen Landesmediengesetz fremdsprachige Sendungen zu streichen. „Die Landesregierung ist der Meinung, dass eine sinnvolle Förderung der Meinungsvielfalt im Verbreitungsgebiet anzustreben ist. [...] Die Erreichung dieses Ziels ist durch die Ausstrahlung fremdsprachiger Beiträge gefährdet“, reagierte Schwarz-Gelb auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion.

Der Bürgerfunk ist bei den privaten Lokalradios beheimatet. Zur Zeit sind die 46 Stationen in Nordrhein-Westfalen laut Landesmediengesetz dazu verpflichtet, 15 Prozent der täglichen Sendezeit für selbst produzierte Beiträge von Bürgergruppen bereitzustellen. Doch die Verleger versuchen jetzt offensichtlich den Bürgerfunk zu marginalisieren: Das neue Gesetz sieht vor, die Sendezeit auf eine Stunde zu reduzieren und auf 21 Uhr zu verlegen. Gegen dieses Vorhaben wurden bereits Unterschriften gesammelt. Aber auch die Streichung der fremdsprachigen Beiträge sorgt für Unmut.

„Die Migranten und Migrantinnen fühlen sich diskriminiert“, sagt Engin Sakal, der für die kommunalen Migrantenvertreter (LAGA) in der Medienkommission des Landes sitzt. Der Bürgerfunk lebe davon, dass sich die Gesellschaft engagiere, so Sakal. „Wenn Bürger türkischer oder kurdischer Herkunft ein Programm anbieten und sich genügend Hörer dafür finden, darf das nicht ignoriert werden.“ Dass vielgehörte türkischsprachige Sendungen wie etwa „Radio Merhaba“ in Castrop-Rauxel nicht mehr laufen sollen, empfindet er als „skandalös“.

Nach dem aktuellen Gesetzesentwurf müsste jedwede Fremdsprache aus dem Programm gestrichen werden. SPD-Medienexperte Marc Jan Eumann wollte von der Regierung wissen, ob dies auch für fremdsprachige Beiträge bei etwa einem Schüleraustausch mit Frankreich oder Großbritannien gelte. Das Vorhaben der Regierung, redaktionelle Inhalte in deutscher Sprache zu gestalten, schlössen einzelne fremdsprachige Elemente nicht aus, ruderte die Regierung jetzt in der Antwort zurück. „Die nähere Auslegung obliegt der Landesanstalt für Medien (LfM)“.

Dort scheint man die Grenzen schon gesteckt zu haben: „Harmlose Geschichten“ wie mehrsprachige Beiträge über einen Schüleraustausch seien kein Problem, sagt Peter Widlok, Sprecher der LfM. Türkische und kurdische Sendungen aber schon: „Die Chefredaktionen wollen nicht für Sendungen verantwortlich gemacht werden, die sie selbst nicht verstehen.“

Ob fremdsprachiger Bürgerfunk die Integration der Migranten in NRW fördert oder hemmt, wird am Donnerstag im Hauptausschuss des Landtags Thema sein. Thomas Eidmann, der in Münster eine der landesweit 150 Radiowerkstätten für den Bürgerfunk leitet, befürchtet, dass die Deutschpflicht nicht mehr zu kippen ist. Dabei habe sich bisher niemand über eine fremdsprachige Sendung beschwert: „Das wird künstlich problematisiert“, kritisiert er. Wenn die Radiostationen die Inhalte überprüfen wollten, dann könnten sie sie übersetzen lassen, so Eidmann.