piwik no script img

MalaysiaRegierung droht Bloggern mit Haft

Malaysia verschärft den Druck auf Blogger. Ihnen droht Inhaftierung auf unbestimmte Zeit - ohne Gerichtsbeschluss.

Einschüchterungsversuche gegen Blogger: Internetcafe in Malaysia Bild: ap

Jenen Freitag, den 13., wird Nathaniel Tan nicht so schnell vergessen: An diesem Julinachmittag wurde der 27 Jahre alte Blogger von der Polizei in einer Tiefgarage festgenommen. Vier Tage lang wurde Tan, enger Mitarbeiter von Anwar Ibrahim, Malaysias prominentestem Oppositionellen, festgehalten. Sein Computer und mehrere CDs wurden konfisziert. Der Vorwurf: Tan sei im Besitz von Unterlagen, die den stellvertretenden Minister für innere Sicherheit der Korruption bezichtigten. Bei besagtem Dokument handelte es sich um einen auf Tans Blog anonym hinterlassenem Kommentar samt Link zu einer anderen Webseite.

Im Umgang mit Kritikern reagieren Malaysias Autoritäten zunehmend nervös. Und das nur, weil in Onlinemedien und Blogs über Machtmissbrauch und Korruption der Regierung geschrieben werde, moniert Malaysias Centre For Independent Journalism. Der Herausgeber der unabhängigen Webseite Malaysia Today, Raja Petra Kamaruddin, wurde stundenlang von der Polizei verhört, weil Artikel auf seiner Webseite angeblich den malaysischen König und den Islam verhöhnt hatten. Steven Gan, Chef von Malaysias führender Onlinezeitung Malaysiakini, merkte kürzlich gegenüber der taz an: "Als Malaysiakini vor sieben Jahren auf der Bildfläche erschien, waren wir das Hauptangriffsziel. Dieselben Leute, die uns damals attackiert haben, greifen jetzt die Blogger an."

Nur wenige Tage vor der Festnahme Nathaniel Tans hatten Jung-Mitglieder der regierenden United Malays National Organisation (UMNO) formelle Beschwerde gegen den Blogger Tian Chua eingelegt. Tian Chua, der ebenso wie Tan der oppositionellen Peoples Justice Party angehört, wird vorgeworfen, hinter der Veröffentlichung einer satirischen Fotomontage zu stecken, wie das Centre For Independent Journalism ausführt. Dieses Bild unter dem Motto "Dinner zu dritt" gilt als höchst brisant, weil es auf einen aufsehenerregenden Mordprozess anspielt. In dem derzeit laufenden Verfahren ist nämlich ein enger Berater von Vizepremier Najib Razak angeklagt, in den brutalen Mord an einer mongolischen Dolmetscherin, die auch als Fotomodell arbeitete, verstrickt zu sein. Die Montage stellt die Männer sowie eine dem Mordopfer gleichende Frau beim Abendessen dar.

Die Einschüchterungsversuche gipfeln darin, dass der für Justizfragen zuständige De-facto-Minister Nazri Abdul Aziz drohte, die Regierung werde nicht zögern, das umstrittene Interne Sicherheitsgesetz (ISA) auf Blogger anzuwenden. Das Gesetz, das dazu benutzt wird, Terrorverdächtige und zunehmend auch missliebige Oppositionelle festzusetzen, erlaubt eine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit ohne Gerichtsbeschluss.

Die in Paris ansässige Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte diese Entwicklung aufs Schärfste: "Die Regierung unter Premier Abdullah Badawi ist Ziel wachsender Kritik, und ihre Antwort ist Repression", moniert ROG. Es sei ungeheuerlich, Bloggern mit Inhaftierung zu drohen, nur weil diese einen beispiellosen Raum für Meinungsfreiheit in Malaysia geschaffen hätten. Dabei ist der zunehmende Druck nach Auffassung von Beobachtern kein Zufall. Denn im Vielvölkerstaat wird derzeit über vorgezogene Neuwahlen debattiert. Diese sind einzig dazu angedacht, die Macht der seit 50 Jahren regierenden UMNO zu zementieren. Kritiker, die ihre Botschaften millionenfach im Internet verbreiten, kann man dabei nicht gebrauchen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!