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Machtpoker in NRWNeue Chance für Rot-Rot-Grün

Aus für Ampel-Koalition in NRW: Die FDP sagt Sondierungen mit SPD und Grünen endgültig ab. Die Linke nimmt die Einladung an - und stellt Bedingungen.

Spitzenkandidaten mit klaren Vorgaben: Wolfgang Zimmermann und Bärbel Beuermann sollen die Linkspartei in NRW an die Macht bringen. Bild: dpa

KÖLN taz | Die Linkspartei stellt Bedingungen für eine Koalition mit SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen. "Wir werden die Einladung zu Sondierungen annehmen", sagte Landeschef Wolfgang Zimmermann am Freitag der taz. "Aber eine Zusammenarbeit zum Nulltarif wird es mit uns nicht geben." SPD und Grüne müssten zu einem "Politikwechsel" bereit sein. "Die Linke wird sich an keiner Regierung beteiligen, die Privatisierungen vornimmt und Stellenabbau im öffentlichen Dienst und Sozialabbau betreibt", betonte Zimmermann.

"Das Ziel einer von uns unterstützten Regierung muss es sein, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen zu verbessern", sagte Zimmermann. Dazu zählt er auch die Abschaffung der von Schwarz-Gelb eingeführten Studiengebühren und eine Bildungsreform in Richtung einer "Schule für alle" von der ersten bis zur zehnten Klasse.

Am Freitagmorgen haben SPD und Grüne ihre Einladungen zu ersten Sondierungsgesprächen an die Linkspartei und die FDP verschickt. Die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft und die Grünen-Landesspitze Arndt Klocke und Daniela Schneckenburger offerierten der Linkspartei in ihrem gemeinsamen Schreiben zwei alternative Gesprächstermine für Ende kommender Woche. Die Linkspartei will sich auf ihrer Landesvorstandssitzung am Montag entscheiden, welchen sie wahrnehmen wird.

Die Freidemokraten erhielten zwei Vorschläge für ein Treffen bereits Anfang der Woche. Doch zu dem wird es nicht kommen: Die FDP lehnte umgehend dankend ab. "Dem Angebot von SPD und Grünen fehlt offensichtlich jede Ernsthaftigkeit, sonst wäre nicht am selben Tag auch eine Einladung an die Linkspartei erfolgt", sagte FDP-Landeschef Andreas Pinkwart. Rot-Grün habe "eine klare Entscheidung" für eine "linksradikale" und gegen eine "liberale" Partneroption getroffen. "Die Offenheit der FDP gegenüber Gesprächsangeboten von SPD und Grünen ist damit beendet", so Pinkwart. "Die Ampel und Jamaika sind keine Koalitionsoptionen mehr."

Hannelore Kraft appellierte an die Liberalen, "Verantwortung für Nordrhein-Westfalen zu übernehmen". Die SPD-Frontfrau will sich mit der Absage der FDP noch nicht abfinden. "Dass sie einen Dialog mit Demokraten verweigern will - wenn es so käme -, fände ich sehr ungewöhnlich", sagte Kraft nach der zweiten Beratung von SPD und Grünen.

Knapp eine Woche nach der Wahl ist weiter völlig unklar, wer demnächst an Rhein und Ruhr regieren wird. Nur das Datum für die Konstituierung des neuen Landtags steht definitiv fest. Auf seiner ersten Sitzung am 9. Juni müsste das neue Landtagspräsidium gewählt werden.

Auch das ist jedoch kein einfaches Unterfangen: Aufgrund ihres Patts sind sich CDU und SPD uneins, wer künftig dem Parlament vorstehen soll. Um Zeit für eine Einigung zu gewinnen, erwägen die beiden Parteien, sich eine Lücke in der Landesverfassung zunutze zu machen.

Zwar schreibt die Verfassung verbindlich die Neuwahl des Präsidiums vor. Aber es sind keine Sanktionen für den Fall vorgesehen, dass das Parlament sich daran nicht hält. So könnten nach der Auffassung von Rechtsexperten der CDU und der SPD die derzeitige Landtagspräsidentin Regina van Dinther (CDU) und ihr Stellvertreter Edgar Moron (SPD) erst mal im Amt bleiben - obwohl beide dem neuen Landtag gar nicht mehr angehören.

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27 Kommentare

 / 
  • T
    TheOrbitter

    "Die FDP sagt Sondierungen mit SPD und Grünen endgültig ab."

    Endlich mal 'ne gute Nachricht. Sollen die dämlichen Ach-So-Liberalen Lackaffen doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Wird sowieso Zeit, daß schnellstmöglichst wieder die Verhältnisse einkehren, wo es die FDP nicht schafft über die 5%-Hürde zu kommen.

  • FS
    Franz-Joseph Schlösser

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    Der "SCHWARZE" CDU-Minister, Herr Armin Laschet ist aus meiner Sicht gute Kontake zur FDP, Mit den GRÜNEN kann er besonders gut. Er kann zuhören und handelt dann zielgerecht zum Wohle des Landes NRW. Unklar ist, was die Bundeskanzlerin A. Merkel mit Herrn Laschet in einem langen, vertraulichen Gespräch anl. der diesjährigen Karlspreisverleihung in Aachen zu besprechen hatte, als sie ihn für dieses 4-Augengespräch in eine stille Ecke lotste? Viel Glück der Jameika-Planung. Sie wird das Land wieder zur alten Blüte verhelfen.

  • HS
    Herrn Schmilz

    Die "freien" "Demokraten" lehnen jegliche demokratische Freiheit rundweg ab.

     

    Die Hamas in Gaza zum Beispiel setzt sich aus ähnlich gestrickten "Demokraten" zusammen.

     

    "Demokratie" ist nicht nur, wenn man Wahlkampfkostenerstattung aus Steuermitteln beantragen kann weil man "drin" ist, Herr Pinkwart!

     

    Ist Fundamentalismus an sich schon ein verfassungsfeindlicher Zug?

     

    Dann sollten wir vielleicht mal sehen, was die F.D.P eigentlich gegen eine freiheitlich-demokratische Grundordnung einzuwenden hat in der die Mehrheit der Stimmen zählt statt der zusammengezählten Summe aller Steuerbescheide der jeweiligen Klientel ...

  • UK
    Ulrich Koelling

    Was ist nur aus der FDP von Heuss,Flach Dehler und Genscher geworden?Solange ein Westerwelle sich verweigert und eine demokratisch gewählte Partei als

    existent anzuerkennen,so lange ist auch seine Partei nicht regierungsfähig.Also muss DIE LINKE nun in die

    Regierung.Schon um ein Gegengewicht zur reinen Kapi

    talistenpartei des Herrn Westerwelle zu bilden.Auf

    die SPD kann man sich ja leider nicht mehr verlassen.

    Sie ist ja auch schon nach rechts abgedriftet und nicht mehr die Partei Kurt Schumachers und Willi

    Brand.

  • A
    AlexsZander

    @ Else Betel:

     

    Also die Gründen sind wohl die zu den Linken inhaltlich nahe stehenste Partei. Insofern kann ich die Aussage nicht verstehen.

     

    Man soll nicht vom Habitus der Parteien auf ihre Inhalte schließen, da sind Linke und Grüne freilich grundverschieden.

  • EB
    Else Betel

    Also wenn die Grünen wirklich mit der Linkspartei zusammenarbeiten dann gehe ich nicht mehr wählen, da bin ich nicht die Einzige in meinem Bekanntenkreis.

    Es steht aufjedenfall viel auf dem Spiel.

  • V
    valevale

    Ich wäre so Heilfroh wenn die OPPOSITION endlich mal die WAHLEN gewinnen würde und die MEINUNG der Menschen, für die die Lager klar sind (ROT-ROT-GRÜN vs SCHWARZ-GELB-BRAUN) endlich repektiert wird und ein wenig glaube an dieses Beschissene wahlsystem erhalten oder wiederhergestellt wird!!!

     

    danke

  • D
    Dieter

    Es wäre höchste Zeit für einen grundlegenden politikwechsel hin zu mehr zu mehr sozialer Gerechtigkeit und das geht nur mit der Linken.

    Die das links blinken und rechts fahren der SPD verhindert.

    Ich fürchte aber daß die SPD mit der Linken droht um den Ministerpräsidenten Posten von der CDU zu

    erzwingen.. Damit wäre aber der Abwärtstrent einer

    (S)PD gewährleistet..

  • KD
    Karl der Käfer

    Dank extremistischer FDPler.., wird der Weg für Rot-Rot-Grün doch noch geebnet. -

    Da sieht man mal wieder, das Extremismus auch etwas Gutes haben kann.

     

    Ich kann mit gut vorstellen., das mit einer "soliden" Frau Kraft, den Grünen und einer vielseitigen Linken ne Mengen möglich ist.

     

    Und die Bevölkerung freut sich auf neue

    Konzepte..,- denn das was die Neoliberalen anzubieten haben,.ist mittelalterlich ...& unverschämt.

    ..Was erlauben der feine Pinkel?

  • O
    Ordnung

    Die FDP ist vielleicht eine Chaostruppe! Der reinste Sauhaufen! Und sowas regiert im Bund!

  • C
    claudia

    Also mal angenommen, die Koalition SPD/Grün/Linke kommt zustande und wird nicht von den Spezialdemagogen des Seeheimer Kreises zerschossen.

     

    Dann läuft eine Propagandakampgne gegen die Landesregierung. Die Linke wird für alles Negative verantwortlich gemacht werden, das sich aus der öffentlichen Armut ergibt und weil Landespolitik von Bundespolitik abhängig ist.

    Den zwei anderen Koalitionspartnern wird alles Positive zugeschrieben, das sie "trotz der Linken noch erreichen könnten".

    Die Kampfkassen von FDP und CDU sind wahrscheinlich üppig gefüllt.

     

    Es ist dann elementar wichtig für alle Linkswähler und die es werden wollen, sich nicht beeindrucken zu lassen.

  • A
    atypixx

    @ Moi

     

    Wenn es denn einer werden würde; Rot-Grün hat ab 1998 ja auch die in sie gesetzten Erwartungen bei Weitem nicht erfüllt. Da gab es eher Kontinuität als einen Wechsel...

  • A
    Akuewu

    Welch weise Entscheidung von Herrn Pinkwart. Ich bin sehr erleichtert, über diese Absage. War auch klar, dass es diese Partei Schwierigkeiten mit der Gleichbehandlung hat. Womöglich begreifen sie nun so langsam, dass die Suppe, welche sie uns als "Anwälte des reichen Mannes" uns mit ihren neoliberalen Ideen eingebrockt haben, nicht mehr selber auslöffeln können. Diese Partei ist mit ihren Ideen eine weitaus größere Bedrohung für den Kapitalismus als irgendeine linke Partei. Im übrigen kann die Furcht vor der Linkspartei ja auch nicht gerade groß gewesen sein, wenn man schon gleich zu Beginn von Gesprächen (Ja Hallo, nur Gesprächen!), sich derart bockig verhält. Schade, dass diese Partei im Lauf der letzten Jahre so einseitig auf diesen marktradikalen Zeitgeist aufgesprungen ist und dabei viele wertvolle liberale Werte (wie bspw. Weltoffenheit, Toleranz und fortschrittliches Bürgerrechtsdenken), billig verspielt wurden, um den Narzismus eines jeweiligen Vorsitzenden zu befriedigen. FDP, die zurzeit peinlichste Partei der Republik.

  • A
    Akuewu

    Ach Leute, irgenwie auch schade gerade. Der größte Feind des Kapitalismus ist doch gerade die FDP und wenn die so weiter machen, werden es auch bald noch die allgemeinen "Main"dien und Meinungsmacher spitz bekommen, dass sich der Kapitalimus nur von links retten läßt. Das nenn ich mal Dialektik...

  • A
    Akuewu

    Ach Leute, irgenwie auch schade gerade. Der größte Feind des Kapitalismus ist doch gerade die FDP und wenn die so weiter machen, werden es auch bald noch die allgemeinen "Main"dien und Meinungsmacher spitz bekommen, dass sich der Kapitalimus nur von links retten läßt. Das nenn ich mal Dialektik...

  • R
    Roland

    Mein Gott, wer denkt denn noch ernsthaft darüber nach mit dieser verdammten Kapitalisten-Klientel-Partei zu koalieren...eine Schande für Frau Kraft das nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen

     

    das Wählervotum in NRW ist doch mehr als klar

     

    Rot-Rot-Grün muss endlich her

  • K
    keetenheuve

    Ich dachte, die Linkspartei sei weder "regierungs- noch koalitionsfähig", derzeit, so Kraft noch bis zum 9. Mai. Was für ein Wandel praktisch über Nacht.

  • DI
    Down in Albion

    Was bildet sich die FDP überhaupt ein???? Sie sind doch die wahren Undemokraten, wenn sie Gespräche verweigern.....absolut lächerlich, aber das war diese Partei schon immer.

     

    Die Zeit ist reif für rot-grün-rot.....NRW macht den Anfang und 2013 folgt der Bund..

  • S
    Seraquael

    Die Bedingungen die die LINKEN hier nach diesem Artikel stellen sind alle Teil des Programms der Frau Kraft. Deshalb wäre es eigentlich recht seltsam wenn die Koalionsgespräche jetzt noch an Inhalten der Regierungsschwerpunkte scheitern. Die LINKE soll sich bei den Posten ein bisschen zurückhalten und das lamentieren bleiben lassen, dann steht Rot-Rot-Grün eigentlich nichts mehr im Wege. Denn die GRÜNEN haben sich schon lange für die SPD entschieden und sind noch näher an den LINKEN als Frau Kraft.

  • M
    Martin

    rotgrün könnte doch abgeordnete aus der fdp-fraktion zum überlaufen auffordern, genauso wie es bei der linken spekuliert wird. vielleicht ist manchem fdpler das kindische verhalten der spitze und deren politische ausrichtung nicht mehr recht. die fdpler können doch nicht alle so bescheuert bzw. hörig sein.

  • M
    Moi

    Na hoffentlich werden sich die SPDleer nicht von den Rechten (CDU und FDP) durch ihre braunen Parolen verunsichern lassen. Es ist Zeit für Rot-Rot-Grün und nicht nur auf Landesebene.

    Politikwechsel muss her!

  • JS
    Jens Schlegel

    Schon erstaunlich, wie gut die Zusammenarbeit mit der CDU noch klappt, die auf kommunaler Ebene ja sehr gut mit der NPD ... aber halt, die sind ja nicht links. Die gehören ja zum "guten" Regime...

  • NF
    Norman Frey

    Wieso stellen nicht CDU und SPD jeder eine(n) Landtagspräsidentenkandidat(in) und lassen dan ganz einfach demokratisch abstimmen. Wieso muss man sich bei sowas immer vorher festlegen?

     

    Genauso wie diese ganze Koalitioniererei...da wird die Legislative alle fünf bis vier Jahre zur Ernennung der Exekutive zusammengerufen und nickt danach nur noch ab, was die beschließt. Ob sich die Erfinder der parlamentarischen Demokratie das so gedacht haben?

  • N
    Nigredo

    Eine deutlichere Erklärung über die eigene Regierungsunfähigkeit, wie sie die FDP hier abliefert, ist kaum möglich - und wer einer Chaotentruppen so verzweifelt nachstellt und sich so billig anbiedert, der ist nur noch peinlich.

    Fehlen nur noch 1000 rote Rosen und ein schnulziges Liebesgedicht.

     

     

     

    "Liberalism is the transformation of mankind into cattle."

    (Angeblich Nietzsche)

  • N
    Nordwind

    Also doch keine radikale Partei in der zukünftigen Regierung?

     

    Aber wer weiss schon wat der NRW-Radikalenführer - Kampfnamen Pinky - nächste Woche so vor sich hin blubbert.

  • SS
    Sebastian Schramm

    Endlich.

     

     

    Wenn sich die FDP aus allem ausklingt, hab ich nichts dagegen. Wer sich mit platten Parolen ("linksextremistische Verfassungsgegner") in sein Wolkenkuckucksheim zurückzieht, der ist vielleicht auch nicht für eine Koalition mit den Grünen geeinet.

     

    Ich bin ganz froh, dass es für Rot - Rot - Grün dann wohl reicht und endlich wieder Konturen zu erkennen sind.

  • SS
    Sebastian Schramm

    Endlich Farbe bekannt

     

     

    Wenn sich die FDP aus allem ausklingt, hab ich nichts dagegen. Wer sich mit platten Parolen ("linksextremistische Verfassungsgegner") in sein Wolkenkuckucksheim zurückzieht, der ist vielleicht auch nicht für eine Koalition mit den Grünen geeinet.

     

    Ich bin ganz froh, dass es für Rot - Rot - Grün dann wohl reicht und endlich wieder Konturen zu erkennen sind.