: Machtkampf um Elternkammer
Nach einem taz-Interview sehen sich einige Gymnasial-Elternräte von der Elternkammer verraten. Bei der Kammer-Neuwahl im Herbst will die Initiative „Wir wollen lernen“ das Ruder übernehmen
VON KAIJA KUTTER
Das vor einer Woche erschienene taz-Interview mit dem Vize-Vorsitzenden der Elternkammer, Peter Albrecht, hat unter Hamburgs Gymnasialeltern für einigen Wirbel gesorgt: Die Elternräte der Gymnasien Rahlstedt und Blankenese entzogen der Elternkammer das Vertrauen. Und die taz erreichten Briefe von Eltern, die sich über Albrechts Aussagen empörten. Um die Elternkammer, so zeichnet es sich ab, wird in den nächsten Monaten ein Machtkampf geführt.
Was war passiert? Die jetzige Elternkammer, 2006 gewählt, hatte nach monatelanger Zurückhaltung eine moderate Stellungnahme zur Primarschule abgegeben. Darin begrüßt sie diese nicht ausdrücklich, wohl aber die mit der Reform verbundenen Ziele. Auf die Frage, ob die Kammer für alle Eltern spreche, antwortete Albrecht der taz: „Ja. Wir sind die demokratisch gewählte Interessenvertretung der 180.000 Hamburger Eltern.“ Einer redaktionellen Kürzung zum Opfer fiel Albrechts Zusatz: „Dass heißt nicht, dass wir die Meinungen aller Eltern vertreten. Das geht gar nicht.“ Ferner hatte Albrecht erklärt, dass die Elternkammer „eigentlich“ die Schule für alle wolle. Damit erinnerte er an einen gültigen Elternkammerbeschluss vom September 2007, dem eine repräsentative Umfrage unter 268 Grundschulelternräten vorangegangen war. Die Volksinitiative „Eine Schule für alle“ wurde von der Kammer aber nicht unterstützt – aus Neutralitätsgründen.
Das hilft ihr nun nicht viel. Der Zorn mancher Eltern ist geweckt. Walter Scheuerl von der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ etwa verbreitete das genannte Interview über seinen E--Mail-Verteiler – mitsamt der Aufforderung zur Reaktion. Prompt folgten die bösen Briefe und Erklärungen der Elternräte. Bei Worten soll es dabei nicht bleiben: Am nächsten Dienstag steht die Wiederwahl des sechsköpfigen Elternkammer-Vorstands an. Auf einige der 36 Kammermitglieder soll nun Druck ausgeübt worden sein, dafür zu sorgen, dass die Bestätigung von Kammer-Chef Hans-Peter Vogeler und Vize Albrecht scheitert.
Walter Scheuerl erklärt der taz, er wisse davon nichts: „Wir werden nicht jetzt an der Zusammensetzung der Kammer etwas ändern.“ Daraus, dass er perspektivisch eine andere Kammer wünscht, macht er keinen Hehl. Im Herbst steht die Neuwahl für die nächste dreijährige Legislatur an. „Was wir machen“, sagt Scheuerl, „ist, dass wir informieren, wie die Wahl läuft, damit sich alle darüber bewusst sind.“
Die Kammer wird aus dem Reihen der 17 Kreiselternräte gewählt. Die wiederum setzen sich aus Vertretern der 430 Elternräte zusammen. Im Kreiselternrat Delegierter zu sein, sei ein „undankbarer Posten“, sagt Scheuerl. Den Eltern sei oft nicht bewusst, dass sie damit die Elternkammer wählen. Doch wer gleich dorthin aufsteigen will, braucht gar nicht Kreisdelegierter zu sein, hat Scheuerl herausgefunden. Es reicht, einem Elternrat anzugehören und sich zum Wahltermin ins Kreisgremium zu begeben. Die kommende Kammer, ist Scheuerl sich sicher, werde anders zusammengesetzt sein: „Die Mehrheit wird mit Sicherheit gegen die Primarschule sein.“
Elternkammersprecher Albrecht weist die Kritik zurück. Er habe nur Fakten benannt. „Dass wir die Interessen der Gymnasien nicht vertreten, trifft nicht zu.“ Diese Schulform sei heute schon überproportional in der Kammer vertreten. Deren Arbeit beziehe sich zum überwiegenden Teil auf Gymnasien. So habe man „gerade erst eine Anhörung zur Profiloberstufe gemacht“. Albrecht befürchtet eine schädliche Politisierung und Polarisierung der Elternarbeit: „Öffentliche Stellungnahmen sind nur ein ganz kleiner Teil. Tagtäglich müssen wir ganz viel Sacharbeit machen.“
Auch Albrecht allerdings hält es für wahrscheinlich, dass in Folge von Scheuerls Mobilisierung in der nächsten Kammer noch mehr Gymnasialeltern vertreten sein könnten: „Wenn die sich zur Wahl stellen, setzen sie sich in der Regel auch durch.“