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Machtkampf in der ElfenbeinküsteNeue Massengräber entdeckt

Massengräber belasten den Friedensprozess in der Elfenbeinküste. Menschenexperten gehen davon aus, dass noch mehr Gräber gefunden werden.

Mitarbeiter des Roten Kreuzes beerdigen Opfer des blutigen Machtkampfes in der Elfenbeinküste. Bild: dpa

ABIDJAN afp/dpa | Nach dem blutigen Machtkampf in der Elfenbeinküste haben UN-Mitarbeiter in dem westafrikanischen Land mehrere Massengräber mit insgesamt 68 Leichen entdeckt. Die Gräber seien am Sportplatz im Viertel Yopougon der Wirtschaftsmetropole Abidjan gefunden worden, teilte UN-Sprecher Farhan Haq am Montag mit.

Es handelte sich demnach um insgesamt zehn Gräber, in einem davon fanden sich allein 31 Todesopfer, in einem weiteren 21 Leichen. Die UNO nimmt an, dass die Opfer alle männlich sind und am 12. April von Anhängern des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo getötet wurden.

Nach dem Fund seien Zeugen und Angehörige der Opfer von Ermittlern der Hohen UN-Kommission für Menschenrechte befragt worden, sagte Haq. UN-Menschenrechtsexperten rechnen damit, dass es noch weitere Funde geben wird, die den Versöhnungsprozess in dem tief gespaltenen Land weiter erschweren könnten.

Im Fall des Fußballplatzes von Yopougon waren wohl Gbagbo-Milizen die Täter - sie hatten das Gebiet Monate lang kontrolliert. In anderen Orten, etwa in Duekoue im Westen des Landes, sollen die Kämpfer Ouattaras verantwortlich für den Tod hunderter Menschen sein, deren Leichen in den vergangenen Wochen entdeckt wurden.

"Die meisten der Opfer trugen keine Uniform"

"Es ist zu früh zu sagen, ob die Toten von Gbagbos Truppen getötet wurden oder Opfer von Racheakten der Ouattara-Soldaten wurden", mahnt ein internationaler Helfer, der anonym bleiben will.

"Die meisten der Opfer trugen keine Uniform", erzählt ein Anwohner, der bei der Bergung der Leichen dabei war. "Auch Frauen und Kinder waren darunter." Es sind zivile Opfer wie diese, die den Aussöhnungsprozess in der Elfenbeinküste schwierig machen dürften. Viele Menschen sind durch das Erlebte traumatisiert.

Nach der Präsidentschaftswahl im vergangenen November hatte Gbagbo die Macht nicht abgeben wollen. Daraufhin brach ein monatelanger blutiger Machtkampf zwischen Gbagbos Anhängern und den Anhängern des international anerkannten Wahlsiegers Alassane Ouattara aus.

Dabei starben nach UN-Angaben mehr als tausend Menschen, nach Angaben der ivorischen Behörden waren es fast 3.000 Todesopfer. Nach Gbagbos Festnahme am 11. April wurde Ouattara vergangene Woche offiziell zum neuen Staatschef vereidigt.

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10 Kommentare

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  • IS
    imperialistische Schauprozesse

    Um zu vertuschen, dass die 'internationale Gemeinschaft' (oder die französischen Kolonialherren) mit Outtara einen Massenmörder und Wahlbetrüger - aber prowestlichen devoten IWF-Soldaten - an die Macht geputscht haben, wird jetzt fieberhaft nach jeder Leiche gesucht, um Gbagbo Massaker nachzuweisen. Aber das kennen wir ja schon: Alle die nicht in das Schema der neuen kolonialen Weltordnung passen, werden - sofern sie nicht gleich liquidiert werden - vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag (oder besser das NATO und EU-Tribunal) gezerrt, um sie in einem Schauprozess abzuurteilen. Gleichzeitig genießen die Marionetten des Westens jetzt Narrenfreiheit, ihre Gegner mit brutalsten Mitteln auszuschalten - der Zweck heiligt eben die Mittel.

  • MU
    Max Untreu

    @Sturm: Ich vergleiche Menschen nicht mit Gras, sondern habe ein ivorisches Sprichwort (wird aber auch in anderen Ländern abgewandt angewendet) zur Beschriebung der Situation benutzt. Selbstverständlich erholen sich Tote nicht, aber die Situation. Und darum geht es. Ihre beschränkte Kenntnis der CI dokumentiert sich einmal mehr durch ihren Vorwurf.

    Könnte es sein, dass die westliche Wertegemeinschaft durch den Einsatz der UNOCI unterstützt durch die Franzosen, eine untragbare Situation beeenden wollte?

  • GS
    Gunnar Sturm

    Herr Untreu, Sie stellen sich nun wiederholt, mit einer menschenverachtenden Haltung, dar.

    Leichen / Ermordete / Kriegsopfer mit Gras zu vergleichen, das sich wieder aufrichtet, wird den Opfern nicht gerecht!

     

    Zudem wiederhole ich: die Wahlen waren im Ergebnis keinesfalls eindeutig, den Wahlausgang, bzw. den Regime-Change, mit schweren Waffen herbei zu bomben war nicht gerechtfertigt.

    Die Einsprüche gegen die Wahlen wurden ignoriert, eine Neuauszählung verweigert!!! (Sie dürfen nochmal auf der Seite: ivoireleaks.de nachlesen)

     

    Warum hatte es Frankreich so eilig?

  • RP
    ralph podzwadowski

    Es ist traurig mitanzulesen, wie sich die hiesigen Kommentatoren gegenseitig der Hetze bezichtigen. Die Einen warten mit nachprüfbaren Fakten, wie Dokumente,Video`s auf, und die anderen Schreiben Ihre Meinung und Dinge vom Hörensagen hierzu nieder.

    Die Einen verweisen u.a. auf ein Massaker in Duekoue( mit mit hunderten Toten vom Kleinkind, über Frauen bis zum Greis), die Anderen verweisen auf ein "Massaker" von Abobo mit angebl. 7 toten Frauen(nachweislich per video wiederlegt). Die Einen sind verwundert das die UN aktiv und für eine Seite Partei ergreift( und dabei auch auf Zivilisten u.a. schiesst,deren Häuser bombadiert/ Augenzeugenberichte) und die Anderen befürworteten einen Angriffskrieg aus Abobo, bei Inkaufnahme von toten Zivilisten.

    Die Einen demonstrierten mit Hunderttausenden für Ihre Sache und die anderen bezogen sich auf offizielle Positionen der internationalen Gemeinschaft.

    Die Einen empfinden Mitgefühl für(sinnlos) erniedrigte und getötete, die Anderen sind beim biblischen Aug um Aug, Zahn um Zahn stehengeblieben.

     

    Kann man nicht zusammen eine gerechtere Welt schaffen, ohne den einen oder anderen, andauernd Unterstellungen zu machen und versuchen den betroffenen MENSCHEN wirklich zu helfen??

    oder ist diese Ansinnen(in einigen Augen) auch Hetze?

  • MU
    Max Untreu

    @Gaou: Nein ich bestätige, dass es Tote gab in San Pedro und in Sassandra, wie an so vielen Orten, aber es waren keine Massaker. Und ich rechtfertige überhaupt nicht, was in der CI passiert, versuche höchstens das Eine oder Andere richtig zu stellen. Aber ich kritisiere, dass Leute wie Sie, aus dem sicheren Europa, gestützt auf Informationen von Parteigängern, die aktuelle Situation (falsch) beurteilen und nichts weiter als Gräuel-Propaganda betreiben. Zudem habe ich niemanden der Lüge bezichtigt. Sondern ich kritisiere, dass von TAUSENDEN von Toten und von MASSAKERN (San Pedro/Sassandra) berichtet wird, obwohl das einfach so nicht stimmt. Die CI hat eine lange Leidensgeschichte und Leute wie Sie oder auch Gunnar Sturm, scheinen davon offensichtlich nur bedingt eine Ahnung zu haben. Ziegler, den ich als Schweizer schätze, habe ich weder in Abidjan, noch in San Pedro je gesehen. Ouattara ist nun einmal der erste Präsident der CI, der die Fähigkeiten hat, einen Staat zu lenken, ohne dabei auf Zauberer oder Marabus zu hören, dessen Frau wird sich auch nicht in die Staatsgeschäfte einmischen und Minister ohrfeigen, insofern kann es nur besser werden. Und darum geht es jetzt, um die Zukunft, und um die Mehrheit der 20 Millionen Leute, die einfach nur Ruhe vom Krieg haben wollen. Ich kenne die CI seit 35 Jahren und in Yop, in vielen Quartieren, gehörte Mord und Totschlag, Raub und Vergewaltigung schon immer zum Alltag. Ich kritisiere, dass Leute wie Sie und Gunnar "Bilder" projizieren, welche in Bezug auf den Alltag, total verzerrt und einseitig sind und wirklich nicht viel mit den Realitäten als

    Ganzes zu tun haben. Auch ich kenne die Seite von Hr. Sturm und die entsprechenden Berichte auf die Sie hinweisen. Wenn Sie die CI wirklich kennen, dann sollten Sie auch wissen, dass die Menschnerechtssituation schon immer ein Problem war, vor der Unabhängikeit und danach, unter allen Präsidenten. Sie können leicht behaupten, die einen Untaten hätten nichts mit den Untaten der anderen zu tun, realistisch ist diese Einschätzung aber nicht. Natürlich werden jetzt Konten ausgeglichen, dies kann kein Befehl verhindern. Aber die aktuelle Situation als das Resultat Ouattaras Politik hinzustellen, ist nur einfach Propaganda. In Afrika ist nunmal vieles etwas grösser, nicht nur die Insekten, sondern auch die Probleme und für den Ivorer ist auch klar, wenn Elefanten tanzen, leidet das Gras. Aber es erholt sich auch wieder.

  • 1
    1-Gaou

    @Untreu: schlechtes Argument - ich habe kritisiert dass die TAZ Nachrichten die nicht opportun sind, wegfallen lässt. Das hat nun aber gar nichts damit zu tun, ob ich vor 3 Jahren Leserbriefe schrieb oder nicht. Massaker a la Duekoue mit 800 Toten (Rotes Kreuz) oder auch 1000 (Caritas) werden auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass andere auch Massaker begangen haben! Und die Kritik an einseitiger Berichterstattung wird dadurch auch nicht unwahrer. Und wenn Sie die Toten in der Kirche von San Pedro leugnen, dann ist die Frage die "Andreas" stellt, wer denn hier Lügen und Hetze verbreitet neu zu stellen, aber an Sie beide! Wenn's Ihren Freunden gut geht und angeblich "alles ruhig" ist, unseren Freunden und Familien geht's nicht gut und die berichten anderes! Übrigens auch Amnesty, Ärzte ohne Grenzen, Human Rights Watch, sehr lesenswert auch der letzte Artikel dazu in der FAZ, die Berichte von Jean Ziegler, vom GIGA-Institut und Dr Mehler, von IMI-Institut und AG-Friedensforschung, Plan e.V., Internationales Rotes Kreuz - alles Lügner, ja?

  • A
    Andreas

    An Gaou und Gunnar Sturm,

    euch ist wirklich nicht mehr zu helfen. Ihr verbreitet hier ein völlig falsches Bild von der Situation. Alle meine ivorischen Freunde in Deutschland und in Abidjan berichten, dass es ruhig ist. Macht euch mal lieber Gedanken wie es jetzt wieder nach vorne geht mit dem Land, anstatt hier völlig destruktiv Lügen und Hetzparolen zu verbreiten.

     

    an Max Untreu,

    ich hoffe, wenn ich nächstes Jahr nach Abidjan komme, können wir mal ein Bier zusammen trinken. Weiter so!

  • MU
    Max Untreu

    @1-Goau: War gerade in San-Pedro (habe dort ein Haus) und in Sassandra, würde mich mal interessieren von welchen Massakern Du schreibst. Sicher hast Du früher auch darüber geschrieben, wie die Bete, Didas, Guere u.s.w. die Ouattara-Anhänger massakriert haben und deren Zeitungen verboten und die Journalisten verfolgt wurden.

    @Gunnar Sturm: Auch Sie waren ja sicher auch schon früher publizistisch aktiv und haben die Massenvergewaltigungen von demonstierenden Ouattara-Anhängerinnen 2007 genau so wehement kritisiert, wie Sie das mit der UNOCI tun.

     

    Sitzen in Europa, haben keine eigenen Erfahrung hinsichtlich dem Alltag in der CI und nutzen jede Gelegenheit sinnlose Hetze zu betreiben.

  • 1
    1-Gaou

    Seit Ouattara an der Macht ist: Tausende von Toten, ein Klima der Angst, Dörfer niedergebrannt, Massaker in Duekoue, San Pedro oder zuletzt Sassandra, Oppositionszeitungen dürfen nicht erscheinen, über Pro-Gbagbo-Journalisten kursieren Todeslisten, Bete, Dida, Guere werden nur aufgrund ihrer Ethnie verfolgt und ermordet, Minister werden erschossen (auch Frauen z.B. die Gesundheitsministerin), dem Präsidenten Gbagbo wird der Prozess gemacht aber seit Wochen kein Verteidiger gestellt - und die TAZ meldet "Ouattara hat Massengräber entdeckt" (ob's stimmt sei dahingestellt, aber die anderen Nachrichten werden gar nicht erst gebracht?)

  • GS
    Gunnar Sturm

    Der Artikel formuliert völlig richtig, "Racheakte" und ich ergänze: "Säuberungsaktionen" finden derzeit in RCI statt.

    Ich möchte nur anmerken das die LICORNE und die UNOCI an den Zuständen eine große Mitschuld tragen!

    Durch das Festhalten an einer manipulierten Wahl gibt es nun "siegestrunkene Rebellen" und "betrogene Wähler".

    Selbst eine Neuauszählung der Stimmen wurde verweigert!!!

     

    Ouattara ist der Wunschkandidat Frankreichs, damit erklärt sich auch das eilige Eingreifen der LICORNE:

    "Schießen statt zählen"