Machtkampf in Islamabad: Regierung streitet über Indienpolitik

Politik konfus: Pakistans Sicherheitsberater wird entlassen, weil der Premier tobt. Präsident Zardari fühlt sich missverstanden.

Sauer ob des Durcheinanders: Pakistans Premier Yusuf Raza Gillani. Bild: reuters

DELHI taz In Pakistan tobt offenbar ein Machtkampf über den Kurs gegenüber Indien. Nach wochenlangen Dementis erklärte am Mittwochabend Informationsministerin Sherry Rehman, der einzige überlebende Attentäter der Anschläge von Bombay, Mohammad Ajmal Amir Qasab, sei Staatsbürger Pakistans. Dies hatte Indien schon lange behauptet. Zeitgleich mit Rehman erklärte ein Außenamtssprecher jedoch, die Ermittlungen dauerten noch an. Es sei noch zu früh, eine Erklärung abzugeben.

Kurze Zeit später entließ Premierminister Yusuf Raza Gillani den Nationalen Sicherheitsberater Mehmood Ali Durrani. Denn noch vor der offiziellen Bestätigung durch die Informationsministerin hatten indische Medien Durrani mit der Aussage zitiert, es sei nun klar, dass Qasab Pakistaner sei. Premier Gillani tobte und sagte Journalisten, Durrani habe damit ihn "und das Land" beschämt. Ein Sprecher des Premiers warf Durrani "verantwortungsloses Verhalten" und "Mangel an Koordination" vor. Durrani sagte am Donnerstag, er habe nur die offizielle Position wiedergegeben. Die "Sicherheitsdienste" hätten zuvor grünes Licht gegeben, Qasabs pakistanische Herkunft einzugestehen.

Eigentlich war es seit Wochen klar, dass die Attentäter vom 26. November aus Pakistan stammen. Indische Ermittler sind im Besitz etlicher Ausrüstungsgegenstände der Terroristen, die auf eine Herkunft aus Pakistan hindeuten. Britische Medien hatten auch Qasabs Vater in Pakistan ausfindig gemacht. Am Montag übergab Indien Pakistan formell eine umfassende Akte mit Ermittlungsergebnissen, zu denen auch das amerikanische FBI beigetragen hatte.

Doch bereits vor Durranis Rauswurf zeigten sich Risse in Pakistans Führung. Präsident Asif Ali Zardari hatte Indien kurz direkt nach den Anschlägen eine umfassende Zusammenarbeit mit Indien angeboten und sogar zugesichert, der Chef des pakistanischen Geheimdienstes ISI werde nach Delhi reisen. Kurze Zeit später ruderte er zurück: Seine Aussage sei ein "Missverständnis" gewesen. Ermittlungen würden nur aufgenommen, wenn Indien "glaubwürdige Beweise" vorlegen könne. Seitdem bestritt Islamabad, dass es solche Beweise gebe.

"Dieses Verhalten ist nicht neu", sagt Mujibur Rehman, Politikwissenschaftler von der Universität Neu-Delhi. In der Vergangenheit hätten Indien und Pakistan immer wieder Vorwürfe der anderen Seite kategorisch von sich gewiesen. Das Eingeständnis, dass Qasab Pakistaner ist, und die Wirren um die Entlassung Durranis deuteten daher auf einen "Bruch im pakistanischen Establishment" hin.

Offenbar tobt nun in Islamabad hinter den Kulissen der Machtkampf um die offizielle Linie. Auf der einen Seite steht die mächtige alte Elite des Landes, die in der Armee und den Geheimdiensten stark vertreten ist und stets die Konfrontation mit Indien gesucht hat. Auf der anderen Seite ringen Reformkräfte wie die demokratisch gewählte Regierung und der neue Armeechef Ashfaq Kayani um mehr Einfluss. Sie stehen für eine dauerhafte Aussöhnung mit Indien

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