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Machtausbau in VenezuelaMaduro eifert Chávez nach

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro sichert sich Sondervollmachten per Dekret. Die Opposition sorgt sich um die Demokratie.

Greift nach der Macht: Nicolás Maduro. Bild: ap

CARACAS dpa/ap | Die sozialistische Mehrheit im venezolanischen Parlament hat in erster Lesung ein Gesetz gebilligt, das Präsident Nicolás Maduro zum Erlass von Dekreten mit Gesetzeskraft ermächtigen soll.

Die Regierungsfraktion kam am Donnerstag auf die notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit von 99 Stimmen für das sogenannte Ley Habilitante. Endgültig wird in einer weiteren Lesung – möglicherweise am Samstag – entschieden.

Maduro will wie sein im März gestorbener Vorgänger Hugo Chávez mit Hilfe von Dekreten regieren und in einem ersten Schritt die Korruption bekämpfen, Preise senken und Unternehmensgewinne beschränken.

Die Opposition wirft ihm vor, die venezolanische Demokratie mit Füßen zu treten. Abgeordnete verweisen dabei auf den Entzug der Immunität einer Parlamentarierin, der die Justiz Korruption vorwirft. Denn mit ihrer Entfernung und Ersetzung durch einen regierungsnahen Abgeordneten konnte Maduro sich die benötigte 99. Jastimme für das Notfallverordnungsgesetz in der ersten Lesung sichern.

„Wirtschaftskrieg der Bourgeoisie“

Die sozialistischen Abgeordneten dagegen feierten das Ergebnis als Sieg. Sie hatten während der namentlichen Abstimmung T-Shirts mit dem Spruch „Yo soy el diputado 99“ (Ich bin der 99. Abgeordnete) hochgehalten. Chávez hatte während seiner Amtszeit vier mal Dekret- Sondervollmachten erhalten.

Das Ley Habilitante (Ermächtigungsgesetz) ist in Venezuelas Verfassung in Artikel 203 geregelt. Diesmal soll die Vollmacht auf zunächst 12 Monate befristet werden. Maduro will die Dekrete nutzen, um den von ihm kritisierten „Wirtschaftskrieg der Bourgeoisie“ zu bekämpfen.

Die Dekrete können wichtige Bereichen wie Nationale Sicherheit, Wirtschaft, Energie und Sozialpolitik betreffen. Maduro steht am 8. Dezember bei Kommunalwahlen vor einer Testabstimmung über seine bisherige rund sechsmonatige Amtszeit.

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4 Kommentare

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  • A
    Anna

    Was hat die Taz eigentlich gegen linke Regierungen? Was hier manchmal so einseitig über Venezuela, Kuba oder Bolivien berichtet wird, macht mich misstrauisch. Die Zustände hier in Deutschland, wo Demonstranten verprügelt werden, es in jeder größeren Stadt verzweifelte Hungerstreikende gibt, Menschenhandel und Prostitution, Monopolisierung der Medien durch die Macht der Konzerne, wo der Ausgang der Wahlen stark damit zusammenhängt, wer die Medien und somit die Volksmeinungen mit Geld kontrollieren kann, das wird nur knapp berichtet. Eine Bloggerein in Kuba, eine Demo in Venezuela ... das ist nichts dagegen. Was will die Taz eigentlich bezwecken damit?

    • U
      Udo
      @Anna:

      Liebe Anna, ich glaube nicht, dass die taz etwas gegen linke Regierungen hat, ganz im Gegenteil. Aber vielleicht hat sie etwas gegen schlechte, demokratiefeindliche Regierungen. Die 3 von dir genannten Laender nehmen in dieser Hinsicht leider traurige Spitzenplaetze in Amerika ein.

      • A
        Anna
        @Udo:

        @Udo

        Da ich Südamerika und Kuba kenne insbesondere auch indigene Südamerikaner, selbst dort gelebt habe, weiß ich, dass erst die kubanische Revolution und die linken Regierungen überhaupt das systematische Morden, Sklaverei, die Kulturvernichtung und Misshandlungen beendet haben. Mir konnte noch keiner sagen, was an Kuba, Venezuela oder Bolivien demokratiefeindlicher ist als bei uns, da es bei uns viel schlimmere Menschenrechtsverletzungen gibt in den USA sogar viele Morde auf Befehl des Präsidenten. Kuba ist z.B. das einzige gentechnikfreie und nachhaltig wirtschafte Land auf der Erde. Erfüllt also als einziges Land die Grundvoraussetzungen für den langfristigen Bestand eines Landes. Und das bei hohem Bildungs- und Gesundheitsstand der Bevölkerung. Bei uns gibt es Zwangsprostitution und Menschenhandel ohne das wirklich dagegen vorgegangen wird. Einfache Behauptungen überzeugen mich schon lange nicht mehr. Ich vertraue meinen Erfahrungen und bilde daraus meine Meinung. Ansonsten erlaube ich mir auch keine Meinung, wenn ich keine Erfahrung zu einem Thema habe. Woraus bilden Sie ihre schlechte Meinung über Kuba, Bolivien und Venezuela, lieber Udo?

        • @Anna:

          Liebe Anna, bei deinem Post weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Du vermischt auch ganz viele Dinge, die nichts miteinander zu tun haben.

           

          Zuerst würde ich mal behaupten die Grundpfeiler für Demokratie sind Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und freie und geheime Wahlen.

           

          Und da fallen z.B. Venezuela und Kuba schon mal raus. Bolivien kenne ich gar nicht so gut, von daher kann ich dazu wenig sagen. Das mag sich jetzt vielleicht fies anhören, aber es ist egal wie viel Zwangsprostitution es in Deutschland gibt. Menschenhandel und Zwangsprostitution sind in Deutschland verboten und steht somit unter Strafe. Was Deutschland als Rechtsstaat zu Kuba und Venezuela unterscheidet ist, dass hier in Deutschland die Schuld bewiesen werden muss und es ein ordentliches Gerichtsverfahren gibt, während in Kuba und Venezuela z.B. die Geheimdienste grundlos Menschen einfach abholen und einsperren können, dabei ist es egal wie nachhaltig Kuba seine Landwirtschaft organisiert, zumal Kuba das auch nicht unbedingt aus freien Stücken macht, sondern gezwungen ist.