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Archiv-Artikel

hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Bei dem Symposium „Böse Musik“ vor Kurzem im Haus der Kulturen der Welt war immer wieder von Märschen zu hören, weil die halt, angetrieben vom beharrlichen Schlagen der Trommel, besonders aggressionsfördernd sein können und überhaupt erst erfunden wurden als ein musikalisches Mittel, um die Menschen aufeinanderzuhetzen. Im Krieg. Und Krieg findet man im Allgemeinen ja nicht mehr so gut, sondern eher böse. Und Märsche … kann man durchaus heute noch hören. Kommt doch immer darauf an, zu welchem Zweck die jetzt gespielt werden und wer da überhaupt an der Trommel sitzt. Am Donnerstag und am Freitag ist das bei den Auftritten von Sven-Åke Johanssons Marschorchester im Ausland eben dieser Johansson, der bereits seit einigen Jahrzehnten den freigeistigen Jazz auf seine Abgründigkeiten hin untersucht und sich nun Märsche vorgeknöpft hat, die Arbeiten von John Philip Sousa oder Julius Fučík beispielsweise, mit denen nun „ungeahnte, verborgene, kollektive Vergnügungssehnsüchte“ vom Marschorchester angesteuert werden. Am Donnerstag macht man das mit Rüdiger Carl und am Freitag mit Alexander von Schlippenbach als speziellem Gast (Lychener Str. 60, 21 Uhr).

Der Rock, schon etwas älter: The Last Drive kommen aus Griechenland, starteten Anfang der Achtziger, machten zwischendurch eine längere Pause, sind seit fünf Jahren wieder zusammen. Und machen weiterhin einen schrundigen Garagenrock, zu dem dann The Magnificent Brotherhood, Berlins erste Instanz in Sachen psychedelisierter Sixties-Rock, bestens passt, am Donnerstag im Bi Nuu (U-Bhf. Schlesisches Tor, 20.30 Uhr, 18 €).

Und wieso eigentlich nicht, der Rock, noch älter: Status Quo sorgen bereits seit zwei, drei Ewigkeiten für einen unerschütterlichen Boogierock, und das werden sie auch noch die nächsten drei, vier Ewigkeiten so tun. Heißt also: Respekt. Am Freitag boogierocken sie in der Max-Schmeling-Halle (Am Falkplatz, 20 Uhr, ab 57 €). Das wäre dann quasi das Alte Testament der Rockgeschichte, und mehr bei den Apokryphen wäre man mit Tim Rutili aus Chicago – der rettete in den Neunzigern mit Red Red Meat den Blues für die Gegenwart (die Alben von damals kann man getrost noch heute hören), und mit seinem Folgeprojekt Califone atmet die Musik noch mehr ins Offene, ins Freie. Der Blues, Americana, Experimentelles, Postrock: alles in einer gelassenen Kunst des Liederschreibens ineinander verwoben. Sonntag im Urban Spree (Revaler Str. 99, 21 Uhr, 12,50 €).

■ Mehr Musik:

10 Jahre Sinnbus-Label SEITE 3

Avant Avantgarde SEITE 3

Susie Asado SEITE 10

Bill Orcutt SEITE 12