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Archiv-Artikel

MODELL BRANDT

Die Situation im Sommer 1972 war für Bundeskanzler Willy Brandt klärungsbedürftig. Kritik an den Ostverträgen und Übertritte von Abgeordneten der SPD zur CDU führten dazu, dass die Union ihre Stunde gekommen sah, die Brandt-Scheel-Regierung zu stürzen. Am 27. April kam es zu einem konstruktiven Misstrauensvotum, das die Union wider Erwarten verlor, zwei Stimmen fehlten zum Erfolg. Doch schon wenige Tage später kam es im Bundestag zum Patt. Nach der Entlassung von Wirtschafts- und Finanzminister Karl Schiller im Juli, der dann den Bundestagssitzungen fern blieb, und nach dem Parteiausschluss eines SPD-Abgeordneten war Brandts Mehrheit weg. Um diese Situation zu überwinden, stellte er am 22. September die Vertrauensfrage. Er wollte verlieren, um Neuwahlen herbeizuführen. Um die Ablehung sicherzustellen, blieb die Bundesminister der Abstimmung fern. Die Regierungsparteien jedoch sprachen Brandt das Vertrauen aus. Er verlor trotzdem wie erwünscht mit 233 gegen 248 Stimmen und einer Enthaltung. Daraufhin löste Bundespräsident Heinemann den Bundestag auf. Der Weg zu Neuwahlen war frei.