MOBILE KÜCHE VON ATOMKRAFTGEGNERN BLEIBT BESCHLAGNAHMT: Lehrstück Wortbruch
Die Atomkraftgegner sprechen bereits vom „Polizeistaat“ und wundern sich, warum das Betreiben einer mobilen Großküche illegal sein soll. Immerhin wurden beim Anti-Castor-Lager in Philippsburg die Verpflegungseinrichtungen zweier Kochkollektive einfach beschlagnahmt, und zwar nachdem die Atomkraftgegner auf Geheiß der Polizei die Küchen abgebaut und das Camp friedlich verlassen hatten. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat den Coup der Polizei jetzt rechtlich akzeptiert. Umgekehrt kann man sich aber auch über die AKW-Gegner wundern. Einerseits propagieren sie „zivilen Ungehorsam“ und kündigen den (gewaltlosen) Bruch von Gesetzen an, andererseits will man von der Staatsmacht dabei aber nicht gestört werden. Solange es aber Gesetze gibt, „die nur den reibungslosen Ablauf der Castor-Transporte schützen“, muss man natürlich damit rechnen, dass die Staatsmacht sie auch durchsetzt.
Ein Mittel hierzu ist das Polizeirecht, mit dem auch absehbare Gesetzesbrüche präventiv verhindert werden können. Die Polizei kann hierbei nicht nur gegen die möglichen Rechtsbrecher vorgehen, sondern zum Beispiel auch Maßnahmen gegen nützliche Einrichtungen der Infrastruktur treffen – etwa indem sie die Suppenküche beschlagnahmt. Pfiffig stellt die Staatsmacht den Angriff auf eine harmlose Kücheneinrichtung sogar als besonders mildes Mittel dar, weil man so darauf verzichten könne, alle Campteilnehmer präventiv in Gewahrsam zu nehmen. Ganz unlogisch ist das nicht.
Eine Massenverhaftung von blockadewilligen AKW-Gegnern sieht jedenfalls eher nach Polizeistaat aus als die „Verhaftung“ ihrer Kochtöpfe. Zu Recht zornig macht die AKW-Gegner aber, wenn die Ordnungshüter freien Abzug versprechen und dann ein paar Kilometer weiter doch die Gerätschaften beschlagnahmen. Aus Polizeisicht mag eine derartige Falle zwar listig sein, denn ein Zugriff auf dem Campgelände wäre sicher schwieriger gewesen. Außerdem hätten die Staatsdiener die ganze Ausrüstung dann selbst abbauen und verstauen müssen. Ein offener Wortbruch verschärft das Klima aber allemal. Gerade bei gewaltfreien Aktionen könnten sich die Polizisten etwas mehr Mühe geben. Ansonsten ist das Ganze auch ein Lehrstück. Wer auf polizeiliche Zusagen vertrauen will, sollte sie sich immer schriftlich mit Dienstsiegel geben lassen oder neutrale Zeugen hinzuziehen. Sonst geht es einem wie den AKW-Gegnern in Philippsburg, die vor Gericht außer eidesstattlichen Versicherungen der eigenen Leute nichts Konkretes vorweisen konnten. Gerade in Verfahren des Eilrechtsschutzes zählt aber nur, was offensichtlich und vor Gericht leicht verwertbar ist. CHRISTIAN RATH
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