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MOBILCOM-KRISE ALS DEUTSCH-FRANZÖSISCHE KAPITALVERNICHTUNGParis zieht sich aus der Affäre

Von Entspannung kann am Firmensitz in Büdelsdorf keine Rede sein – noch ist der Telefonkonzern Mobilcom nicht gerettet. Aus zwei Richtungen droht weiteres Ungemach. Die EU-Wettbewerbshüter in Brüssel wollen sich die staatliche Unterstützung für den Not leidenden Konzern genau anschauen. Zugleich weigert sich die Regierung in Paris, ihre halbstaatliche Tochter France Télécom zur Finanzierung von Mobilcoms Plänen zum Ausbau des UMTS-Handynetzes zu veranlassen.

Die interventionsbereiten Regierungen in Paris und Brüssel werden auch in den kommenden Tagen die Schlüsselrolle spielen. Bundeskanzler Schröder muss nur noch kurze Zeit bis zur Wahl überstehen. Präsident Chirac hingegen will sein mit 70 Milliarden Euro monströs überschuldetes Unternehmen nicht noch tiefer in die roten Zahlen reiten: Auch die 18 Milliarden, die die France Télécom jetzt nach Büdelsdorf zu überweisen hätte, müsste die französische Regierung später doch mit Steuergeldern nachfinanzieren. Nur: Das Rettungspaket aus Berlin beruht ganz wesentlich auf dem ausstehenden Geld aus Paris. Bleibt es aus, wird die Bundesregierung für die Folgen des UMTS-Abenteuers haften müssen. Staatliche Bürgschaften für Mobilcom aber wären eine glasklare Subvention, die in Brüssel ohne Chance auf Genehmigung bleiben würde.

Chirac lässt Schröder hängen, denn unter den Zeitdruck des Bundeskanzlers lässt sich der Präsident der Republik nicht setzen. Schröder wiederum darf nicht zu stark nachlegen, denn die Streitereien mit den USA und Großbritannien wegen des drohenden Irakkrieges unterwerfen die deutsche Außenpolitik schon genügend ungewohnten Herausforderungen. Nun die deutsch-französischen Beziehungen mit Mobilcoms Problemen zu belasten, ist unangemessen. Einigen beide Seiten sich auf eine Beendigung der Büdelsdorfer UMTS-Abenteuer und auf einen ordentlichen Kompromiss bei den Finanzen, hält sich die deutsch-französische Kapitalvernichtung in Grenzen. Und die Verständigung zwischen Berlin und Paris bei der Irakpolitik fällt leichter. DIETMAR BARTZ

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