MIT TREIBHAUSEFFEKTEN AUF DU UND DU: Stürmische Risiken
■ Schäden aus Umweltkatastrophen nicht mehr zu versichern?
Berlin (taz) — Für die Versicherungsbranche hat das Treibhauszeitalter schon begonnen. Mehrere internationale Versicherungskonzerne machen seit neuestem einen großen Bogen um die Inselwelt des Südpazifik. National Pacific Insurance zum Beispiel weigert sich, Hausbesitzer auf Westsamoa weiter gegen die häufiger werdenden Wirbelstürme abzusichern. Und auf dem benachbarten Amerikanisch Samoa hat sich die Travellers Insurance Company ganz aus dem Markt zurückgezogen.
Die Flucht der Konzerne aus dem Südpazifik ist nur zu verständlich: Über Westsamoa sind nach einem Bericht der britischen Zeitung 'Independent‘ in den vergangenen vier Jahren drei Zyklone hinweggefegt, die in dieser Heftigkeit sonst alle 100 Jahre einmal vorkommen. Die Schäden in dem kleinen Inselstaat beliefen sich auf mehrere hundert Millionen Dollar.
Versicherungsgesellschaften suchen sich vor den Kosten solcher großen Schadensfällen durch Verträge mit sogenannten Rückversicherern zu schützen. Wenn sich die großen Schadensfälle aber häuften, sei die Flucht der Konzerne aus dem Südpazifik schon verständlich, so Christian Jacobi vom weltgrößten Rückversicherer Münchener Rück. „Das Prämienvolumen in solchen Kleinstaaten ist dann zu niedrig für die Kosten.“
Der wichtige Londoner Markt für diese Geschäfte der Versicherungskonzerne untereinander hat schon reagiert. Die Preise für die Umverteilung des Risikos auf mehr Schultern sind nach Jacobis Angaben in den vergangenen zwei Jahren „um das Drei- bis Fünffache gestiegen“.
Die pazifische Inselwelt spielt bei dieser Entwicklung allerdings eine untergeordnete Rolle. „Die ganz großen Dinge spielen sich in den USA oder Westeuropa ab“, so Jacobi. Während der einzelne Hausbesitzer vielleicht nur einen geringen Schaden am Dach zu beklagen habe, summierten sich diese Schäden bei den Konzernen sofort zu Milliarden. „Und wo so unmittelbar kalkuliert werden kann, folgen die Prämien auf dem Fuße.“ Jacobis Konzern hat in seinem regelmäßigen Bericht über die Folgen von Naturkatastrophen für die kommenden Jahre eine Steigerung der Schäden aus Umweltkatastrophen von derzeit 20 Milliarden Dollar jährlich auf 100 Milliarden vorausgesagt. Hermann-Josef Tenhagen
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