piwik no script img

MIT TOPMANAGERN AUF DU UND DUGibt Mister Mercedes auf?

■ Daimler-Autochef Niefer soll vorzeitig ausscheiden

Stuttgart/Berlin (taz) — Anfang März, wenn der Aufsichtsrat des Daimler-Benz-Konzerns zu seiner nächsten Sitzung zusammentritt, wird vorraussichtlich eine wichtige Peronalentscheidung fallen: Werner Niefer, der seit 1977 die Geschicke der Stuttgarter Autobauer lenkt, soll seinen Chefsessel räumen. Spätestens zu seinem 50 Firmenjubiläum im Frühjahr 1993 wolle „Mister Mercedes“ in Ruhestand gehen und sein Amt an Vize Helmut Werner übergeben. Der Vertrag des 63jährigen Niefer, der sich vom Werkzeugmacher-Lehrling zum Top-Manager hochgediente, läuft erst zum Jahresende 1993 aus. Daß Werner den Mercedes-Chef und später einmal Ezard Reuter beerben sollte, hatte dem Nutzfahrzeuge-Lenker vor Jahren schon Alfred Herrhausen in Aussicht gestellt.

Der Aufsteiger Niefer gilt seit langem als angeschlagen: Im letzten Frühjahr ließ die Staatsanwaltschaft die Mercedes-Büros durchsuchen. Der Nobelkarossenhersteller geriet in Verdacht, das Embargo gegen den Irak durchstoßen zu haben. Zudem mußte der erfolgsverwöhnte Autochef einen Ertragseinbruch in der Paradesparte Personenwagen einstecken. Jahrelange Versäumnisse im Entwicklungsbereich und die klapprige Leichtbauweise der Mittelklasse ramponierten den guten Ruf. Nur mit einem Kraftakt gelang es jovial- agilen Niefer, den Imageverlust wettzumachen. Monatelang mußten die Mercedes-Ingnieure spätabends antanzen, um mit Niefer Teil für Teil der Schlitten durchzugehen. Mit der neuen S-Klasse, so glaubten die Mercedes-Crew, gelänge es, die Spitenklasse neu zu definieren. Doch weit gefehlt: Die Fachwelt goß Hohn und Spott über das 2,2 Tonnen schwere Flaggschiff. Zu allem Unglück fuhr der Mercedes-Chef im Mai 1990 in Rom dann noch eine deutsche Touristin mit einem Reisebus an, für den er keine Fahrerlaubnis besaß. Niefers Bemühungen, die Sache diskret zu erledigen, schlugen fehl — jetzt steht dem Chauffeur eine Anklage ins Haus. Selbst Reuter ließ trotz Solidaritätserklärungen seinen alten Weggefährten Niefer zuletzt im Regen stehen, mit dem er die Autofima zum Technologiekonzern und Mischmulti ausgebaut hatte. Als McKinsey dem Automobilbau mehrfach Kostenprobleme attestierte, setzte Reuter dem Autochef zwei Kontolleure in den Nacken. es

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen