MIT POLENS DEFIZIT AUF DU UND DU: Sozialausgaben gekürzt
Polens Regierung legt drastischen Sparhaushalt vor ■ Aus Warschau K. Bachmann
Der Haushaltsentwurf für das Jahr 1992, den Polens Regierung gestern dem Parlament vorgelegt hat, sieht drastische Einsparungen in praktisch allen Bereichen und Erhöhungen bei den indirekten Steuern vor. Damit versucht Polen, sein aus den Fugen geratenes Haushaltsdefizit und die Inflationsrate unter Kontrolle zu bekommen. Zugleich hofft die Regierung, im Ausland das Vertrauen in die Reformpolitik wiederzugewinnen.
Das Haushaltsdefizit von rund 65 Billionen Zloty (rund 9,8 Mrd. Mark) soll auf einem Niveau von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehalten werden. Zehn Billionen Zloty will das Finanzministerium über Staatsanleihen finanzieren, weitere 20 Billionen über laufende Kredite bei der Nationalbank, der Rest soll aus Krediten der kommerziellen Banken und der Weltbank kommen.
1991 hatte Polen von der Weltbank 200 Millionen Dollar zur Finanzierung des Haushaltes erhalten; davon war allerdings ein Großteil an konkrete Investitionen gekoppelt. Polens Finanzminister Olechowski hofft, den frei verfügbaren Anteil in diesem Jahr steigern zu können. Davon hänge dann auch das Ausmaß der Inflation ab.
Die drastischen Sparmaßnahmen sind durch einen explosionsartigen Anstieg der Ausgaben, vor allem für die Renten und die staatliche Sozialversicherung, notwendig geworden. 1989 waren 8,7 Prozent der Staatsausgaben dafür vorgesehen. 1990 waren es bereits mehr als zwölf Prozent — und in diesem Jahr sollen sie auf 36,6 Prozent ansteigen. Im Gegenzug soll nun die Umsatzsteuer auf fünf Prozent angehoben und, bis auf unverarbeitete Lebensmittel, auf alle Waren ausgedehnt werden. Der Benzinpreis in Polen soll auf westeuropäisches Niveau klettern.
Finanzminister Olechowski geht in seinem Budgetentwurf von einer ausgeglichenen Handelsbilanz aus. Polens Haushalt ist mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abgestimmt.
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