MIT HYPER-SCHULDEN AUF DU UND DU: Schuldenfalle „Dritte Welt“
■ Reiche Staaten sollen Entwicklungsländern helfen
Washington (afp/taz) — Der Schuldenberg in der „Dritten Welt“ nimmt nicht ab. In ihrem jüngsten Bericht zur Schuldensituation hat die Weltbank wieder ein düsteres Bild gezeichnet: Die Auslandsschulden der Entwicklungsländer belaufen sich zum Jahresende auf 1.351 Milliarden US-Dollar. 1990 hatte die Schuldensumme 1.355 Milliarden Dollar betragen. Obwohl sich seit 1987 eine gewisse Stabilisierung abzeichne, heißt es in dem Bericht, sei die Lage in vielen Regionen, insbesondere in Schwarzafrika, nach wie vor dramatisch. Der Appell der Weltbank: Die Industrienationen müßten schnell und in außergewöhnlichem Umfang helfen — etwa nach dem G7-Vorschlag, den ärmsten Ländern die offiziellen Schulden um mehr als zwei Drittel zu erlassen.
Allein der Schuldendienst ist in diesem Jahr um acht Prozent angestiegen. Besonders kritisch ist die Lage in Schwarzafrika: Hier stiegen die Schulden in den letzten zehn Jahren um das Dreifache auf 176 Milliarden Dollar, der Schuldendienst verdoppelte sich auf elf Milliarden. Die Folge: 1990 und 1991 konnten diese Länder nur etwa die Hälfte der anfallenden Zinsen zurückbezahlen. Eine Reduzierung der offizielen Schulden um rund 110 Milliarden Dollar würde die Regierungen nach Auffassung der Weltbank auch dazu bringen, die vor 30 Jahren begonnenen Wirtschaftsreformen voranzutreiben. Ländern wie der Elfenbeinküste, dem Kongo, Marokko, Nigeria, Nicaragua und den Philippinen müßte die gleiche Hilfe gewährt werden wie Polen und Ägypten, denen in diesem Jahr ein Schuldenerlaß von bis zu 50 Prozent gewährt worden ist. Eine „kleine Gruppe“ der Schuldnerländer, insbesondere Mexiko, Chile und Venezuela, hätten bereits von dem „Brady Plan“ profitiert, mittels dem ihnen die Hälfte ihrer nicht-offiziellen (bei Banken gemachten) Schulden erlassen worden seien. Ihnen sei es dadurch gelungen, Zugang zu den Kapitalmärkten zu bekommen.
Der aufgetürmte Schuldenberg bleibt aber mit 431 Milliarden Dollar in Lateinamerika am höchsten. Bereits 1990 hatten Brasilien (116,2 Mrd.), Mexiko (96,8 Mrd.) und Argentinien (61,1 Mrd.) die Schuldnerliste angeführt, gefolgt von Polen (49,4 Mrd.) und Nigeria (36,1 Mrd.). Für dieses Jahr gab die Weltbank noch keine nach Ländern aufgeschlüsselten Zahlen bekannt.
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