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MIT DER SPRECHBLASE AUF DU UND DUMickymaus gegen Asterix

■ Freizeitparks in Frankreich kämpfen ums Überleben

Paris (AFP) — Die Erfolgsprognosen der Euro-Disney-Manager in Marne-la-Vallee östlich von Paris waren allzu optimistisch: Anstelle des prophezeiten ausgeglichenen Resultats für das Geschäftsjahr 1991/92 wird es einen Nettoverlust geben, dessen Höhe noch ungewiß ist. Im jetzt veröffentlichten Geschäftsbericht heißt es, daß die durchschnittliche Besucherzahl seit der Eröffnung des Freizeit- und Vergnügungszentrums am 12. April mit 35.300 pro Tag höher lag als die enttäuschenden 30.000 in den ersten sieben Wochen. Allerdings wären 50.000 BesucherInnen in der Hauptsaison nötig gewesen, um trotz der voraussichtlich schlaffen Herbst- und Wintermonate die angepeilten elf Millionen Besucher im ersten Betriebsjahr zu erreichen.

Die Ausgaben pro Besucher entsprachen zwar den Erwartungen, aber die Marktstrategen haben sich mit dem Interesse des französischen Publikums verkalkuliert. Sie hatten mit etwa gleichviel Franzosen und Ausländern gerechnet, doch der Anteil der Einheimischen macht bisher nicht einmal ein Drittel aus. Euro Disney führt das zum großen Teil auf „übertriebene Warnungen vor Verkehrsstaus auf den Zufahrten“ zurück. Tatsächlich dürften jedoch nicht zuletzt die hohen Eintrittspreise eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben. Für die Herbst- und Wintersaison werden sie denn auch ab 1. Oktober gesenkt — ebenso wie die teuren Übernachtungspreise in den sechs Disney-Hotels. In den ersten drei Monaten waren die insgesamt 5.200 Zimmer nur zu siebzig Prozent belegt.

Euro-Disney-Direktor Robert Fitzpatrick demonstriert trotz alledem Zuversicht: Nach der schwierigen Anlaufphase werde der Karren 1993 wie gewünscht laufen, zumal bei den Besuchern eine Zufriedensheitsrate von neunzig Prozent ermittelt worden sei. Für Euro Disney sind Gewinne aus dem Vergnügungspark allerdings keine absolute Notwendigkeit, da in Marne- la-Vallee mit den Hotels und den noch geplanten Bürohäusern auch kräftig in Immobilien investiert worden ist.

Anders sieht das für den 1989 nördlich von Paris eröffneten Asterix-Park aus, für den es mit 1,4 Millionen Besuchern pro Jahr ums Überleben geht. Direktor Olivier de Bosredon hofft nach einer Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr auf ein ausgeglichenes Geschäftsergebnis 1993, doch könnte sich die übermächtige Disney-Konkurrenz als fatal erweisen. Die Asterix-Manager wollen nun den Unterschied zu der importierten Traumwelt der Superlative in Marne-la-Vallee forcieren und setzen unter dem Motto „Zuckerwatte statt Popcorn“ auf typisch europäische Tradition. Das Kalkül, daß Disney-Besucher als Ergänzung auch den Asterix-Park besuchen, ist möglicherweise jedoch ein Irrtum. Die durchschnittlichen Ausgaben von tausend Franc (300 Mark) pro Familie in Marne-la-Valle stillen bei vielen für längere Zeit das Bedürfnis nach einem Ausflug in die Zauberwelten aus Gips und Plastik.

Wie schwierig der Überlebenskampf ist, beweist eine ganze Serie von Pleiten. So mußten 1991 die Vergnügungsparks Mirapolis in Cergy-Pontoise bei Paris und Zygofolis in Nizza schließen. Big Bang Schlumpf im lothringischen Hagondange wurde von der belgischen Walibi-Gruppe gerettet, und der tief verschuldete Parc Oceanic des Tiefseeforschers Jacques Cousteau mitten in Paris hat in der Hoffnung auf ein Übernahmeangebot soeben eine Gnadenfrist bis zum 30. September erhalten. Den gescheiterten Freizeitunternehmen in Frankreich habe es nicht nur an ausreichenden Finanzpolstern, sondern auch an dem nötigen Know-how und realistischen Marktanalysen gefehlt, hieß es vor kurzem in einem kritischen Bericht des Rechnungshofs.

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