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MIT DER AUTOINDUSTRIE AUF DU UND DUAbschied von Glitzerjahren

■ Autoindustrie erwartet drastischer Personalabbau

Frankfurt/Main (taz) — Der Höhenflug deutscher Autobauer geht zu Ende: Nach Rekordzahlen auf dem Inlandsmarkt im letzten Jahr steuert die deutsche Automobilindustrie auf einen erheblichen Produktionssrückgang und drastischen Personalabbau zu. Um 12 bis 15 Prozent, so prognostiziert der Interessenverband der Autoindustrie, VDA, werde die Inlandnachfrage in diesem Jahr nachlassen. Der Stand von rund 780.000 Beschäftigten, so die VDA-Präsidentin Erika Emmerich, dürfte 1991 seinen Höhepunkt erreicht haben.

Über fünf Millionen Autos liefen im vergangenen Jahr bei den westdeutschen Herstellern von den Bändern; 4,16 Millionen Pkw wurden in Deutschland zugelassen. Das Gedränge auf den Straßen wird immer dichter: In den alten Bundesländern sind gegenwärtig 36,6 Millionen Kraftfahrzeuge registriert; in den neuen Ländern sind es schätzungsweise acht bis zehn Millionen. Profitiiert haben die Autobauer von einer Sonderkonjunktur, die neben einen enormen Kaufkraftschub im Westen vor allem durch den riesigen Nachholbedarf in der Ex-DDR ausgelöst wurde. Doch nachlassende Bestellungen, zweistellige Exporteinbrüche und zunehmende Kurzarbeit in der Zulieferindustrie sind untrügerische Zeichen für ein Ende des seit drei Jahren anhaltenden Booms. US-Autobauer wie Ford, GM oder Chrysler schreiben seit 1990 rote Zahlen; den Skandinaviern Volvo und Saab geht es nicht besser. Auch Fiat, Renault und Peugeot haben beträchtliche Gewinneinbußen zu beklagen.

Mit einer Exportoffensive in Westeuropa wollen die deutschen Hersteller verlorenes Terrain zurückerobern. Neben der nicht nur von der deutschen Autolobby gefürchteten japanischen Konkurrenz sollen dies vor allem die französischen Anbieter und Fiat zu spüren bekommen. Wegen der enormen Lieferengpässe konnten diese ausländischen Anbieter 1991 in den neuen Bundesländern einen Marktanteil von 52 Prozent erzielen. Im Westen liegt er bei 32 Prozent. Ob dies gelingt, ist mehr als fraglich: Die japanischen Konzerne sind dank ihrer üppigen Gewinne und niedrigeren Produktionskosten für den Kampf um europäische Marktanteile weit besser gewappnet. Für den erbitterten internationalen Konkurrenzkampf werde hierzulande zu teuer produziert, fürchtet denn auch Erika Emmerich. Daneben beklagt der VDA die ausgebliebene Unternehmensteuerreform und die zu teuren Umweltauflagen. Allein die geplante Abfallabgabe erreiche den Umfang der gesamten Forschungs- und Entwicklungskosten, so Emmerich. Erwin Single

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