MIT DEN SOWJETSCHULDEN AUF DU UND DU: Schuldenaufschub für UdSSR
■ G-7-Staaten verhandeln über Moratorium
Washington (afp/taz) — Die USA lassen beim Poker um die Schuldentilgung der Sowjetunion nicht locker: Die sieben führenden Industrienationen (G-7) werden dem krisengebeutelten Riesenreich möglicherweise doch einen Aufschub von einem Jahr bei der Rückzahlung ihrer Schulden gewähren.
Wie der stellvertretende US-Finanzminister David Mulford am Montag vor dem US-Kongreß erklärte, wird innerhalb der G-7 über ein derartiges Moratorium beraten. Mulford unterstrich in seinem Bericht über das G-7-Treffen in Bangkok, daß die UdSSR in diesem Fall jedoch zumindest die Zinsen ihrer Auslandsschulden von schätzungsweise 65 Milliarden Dollar begleichen müßte.
Das Moratorium werde Moskau jedoch nicht reichen, seine Zahlungsschwierigkeiten zu überwinden. Dazu müßten die G-7 der Sowjetunion einen weiteren kurzfristigen Kredit gewähren, für den die sowjetischen Goldreserven als Sicherheit dienen sollen.
Einzelheiten dieser Pläne sollen bei einem Treffen der G-7-Finanzminister Ende des Monats in Moskau ausgearbeitet werden. Erst dann wird sich zeigen, ob die G-7-Staaten, denen die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Italien angehören, sich auf die Vorstellungen der Amerikaner einigen können.
Bereits in Bangkok hatte sich gezeigt, daß die Mitgliedsstatten, allen voran Deutschland und die USA, ganz gemeinnützige Motive verfolgen.
Während die USA, die lediglich zwei Prozent zur Sowjet-Hilfe zugeschossen haben, mit aller Macht auf einen Tilgungsaufschub drängen, sperren sich die Bonner Herren um Finanzminister Waigel vehement:
Die Rückzahlungspause ginge deutlich zu Lasten Deutschlands, wo die Sowjetunion mit rund 30 Mrd. D-Mark zur Hälfte in der Kreide steht. Die Hauptschulden sind aus Bonn mit staatsverbürgten Hermes-Krediten gesichert.
Für die Amerikaner verspricht eine Streckung der Rückzahlung dagegen lukrativ zu werden: Sie wollen für 2,5 Mrd. Dollar Weizen in der Sowjetunion kaufen und könnten sich bei einem Moratorium verstärkte Zinszahlungen aus Moskau ausrechnen. Trotz aller Arithmetik hätte eine Pleite der Sowjets noch weit verheerendere Folgen.
Die internationalen Banker befürchten, daß die chronische Devisenknappheit zu einem Crash führen kann, für den sie geradestehen müssen. Die Notenbankchefs haben bereits ein Rettungsnetz gebastelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen