MIT DEM PAUSENKAFFEE AUF DU UND DU: Comeback der Thermoskanne
■ Die britische Thermos Ltd. schluckt Thüringer Original
Frankfurt/Main (taz) — Für Generationen von Arbeitern war sie das Pendant zum Henkelmann — die Thermoskanne. Doch die westdeutschen Werktätigen tranken ihren Pausenkaffee nicht aus den original Isolierflaschen der 1903 in Berlin gegründeten Thermos- Werke, sondern aus nachgemachten Produkten der britischen Firma Thermos Limited. Nur noch im thüringischen Langwiesen wurden die echten deutschen Thermoskannen hergestellt und im Arbeiter- und-Bauern-Paradies vertrieben. Jetzt wird alles wieder wie in alten Zeiten: Thermos Ltd. hat die inzwischen zur GmbH umgewandelten Thermoswerke aufgekauft und eine „Renaissance des Originals auf dem gesamtdeutschen Markt“ angekündigt. Als Sonderserie soll nun eine Nachbildung der ersten Thermoskanne unter dem Namen „Tradition“ in die Kaufhäuser. Schon auf der „Ambiente“ habe die Kanne für Aufsehen gesorgt, schreibt die Firma Thermos nicht ohne Stolz. Auch seien „zahlreiche Neukunden gewonnen und Schlüsselpositionen auf strategisch wichtigen Auslandsmärkten ausgebaut“ worden, heißt es.
Mit der „Shuttle-Line“, extravaganten Thermosflaschen aus rostfreiem Edelstahl wollen die Langwiesener Isolierkannen- Hersteller dafür sorgen, daß sich das proletarische Image der Warmhalteflasche bald verflüchtigt. Der 'FAZ‘-Redakteur Heppner, der seine Krawatten in London und die Schuhe in Mailand kauft, steht schon seit Jahren auf den handlichen Import-Stahlkannen von Thermos, gefüllt mit einem kleinen Schwarzen: „Gerichtskantinenkaffee — nein Danke.“ Doch noch ist Vorsicht beim Gebrauch der ungewöhnlichen Gefäße geboten: Als in Hanau der Alkem-Prozeß begann, wäre Heppner beinahe verhaftet worden — wegen seiner stahlrohrbombenverdächtigen Thermoskanne. Klaus-Peter Klingelschmitt
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