MIT DEM COMPUTERZOO AUF DU UND DU: Gemeine Tarnkappenviren
■ Auf der Cebit stellen sich dieses Jahr Virenjäger vor
Hannover (taz) — „Your computer is now stoned.“ Wenn dieses Geständnis auf dem Monitor erscheint und in einer Datei die Forderung „Legalize Marihuana“ nachgereicht wird, ist der Rechner keinesfalls der Droge verfallen. Das Uraltvirus „Stones“ legt noch immer Personal Computer lahm. Es sind die „schon lange im Umlauf befindlichen Viren, die uns richtigen Ärger machen“, klagt Klaus Lackmann, der die elektronischen Erreger bekämpft.
Hinzugekommen ist mittlerweile ein ganzer Computerzoo. So gibt es trojanische Pferde, Würmer und gemeine Tarnkappenviren. Auf der Cebit stellte sich in diesem Jahr eine Art Computerfeuerwehr vor, die das Übel systematisch angehen will. Mit dabei sind Industrie, Universitäten und das „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“, kurz BSI.
Wie gravierend das Problem ist, belegt eine Schätzung des Viren- Testcenters: Rund 20 Prozent der auf der Cebit ausgestellten PCs werden am Ende der Messe verseucht sein. Verbreitet werden die kleinen Programmschleifen, die sich an ganz normale Programme anhängen, meist per Diskette. Ganz geschäftstüchtige Gründe hat Klaus Lackmann ausgemacht: „Erst programmiert man selbst ein Virus, um anschließend ein Anti- Viren-Programm zu verkaufen. Das nenne ich Direkt-Marketing.“
Umstritten ist die Rolle des BSI, das sich vorwiegend aus Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes rekrutiert. Eine militärische Nutzung der winzigen Programme ist vorstellbar. Es gab das Gerücht, daß im Golfkrieg die Zielcomputer irakischer Raketen mit Viren unbrauchbar gemacht werden sollten.
Beim Viren-Test-Center hält man das für eine etwas gewagte Spekulation. Die Informatikerin Simone Fischer-Hübner ist gar „Gegnerin jeglicher Militärforschung“. „Unternehmen, die uns konsultieren, von denen wir wissen, daß sie mit Bundeswehrprojekten zu tun haben, bekommen keine Informationen.“ Fragt sich nur, wie lange die zivilen Virenjäger das durchhalten: Eine Computerzeitschrift berichtete aber, daß das Pentagon im vergangenen Jahr 50.000 Dollar für das Konzept eines Angriffsvirus geboten habe. Frank Holzkamp
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