piwik no script img

MIT DEM BÖRSENBETRUG AUF DU UND DUDividendenstripping

■ Börsenmakler sollen Fiskus kräftig betrogen haben

Frankfurt/Main (taz) — Die Frankfurter Wertpapierbörse hat einen neuen Skandal: Die Zahl schwarzer Schafe, die dort auf verbotenen Weiden grasen, scheint weit größer als angenommen. Wegen Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft seit Monaten gegen rund 200 Börsenmakler. Nach neuerlichen Überprüfungen der Makler-Jahresabschlüsse erklärte der hessische Wirtschaftsminister Ernst Welteke (SPD) dieser Tage, Broker und Banken hätten die Börse jahrelang als „Steuerverkürzungseinrichtung“ mißbraucht und dabei jährlich zweistellige Millionenbeträge am Fiskus vorbeigeleitet.

„Devisenstripping“ heißt das beliebte illegale Börsenspiel, an dem sich offensichtlich Hunderte von Wertpapierhändlern beteiligten. Weil Dividenden steuerpflichtig sind, haben die bösen Buben und Mädels ihre eigenen Aktienpakete und die ihrer Klienten kurz vor der Dividendenausschüttung verkauft— mit der Folge, daß der Aktienkurs aufgrund der massiven Verkäufe absackte. Nach Ausschüttung der Dividenden kauften sie die Aktien zu niedrigeren Kursen zurück. Der steuerfreie Kursgewinn blieb im eigenen Säckel hängen.

Wie lange sich diverse Börsenmakler am „Devisenstripping“ schon dumm und dämlich verdienen, konnte auch Welteke nicht klären. Im Rahmen einer verstärkten Börsenaufsicht hat der Wirtschaftsminister jetzt angeordnet, daß sämtliche Makler ihre 1991 getätigten Geschäfte seinem Hause zu melden hätten. Die Zahl der ertappten Devisenstripper dürfte daher in den kommenden Wochen deutlich zunehmen. Weil sich auch einzelne Kreditinstitute an dem beliebten Börsenspiel beteiligten, schaltete Welteke zusätzlich die Bankenaufsicht ein. Die Staatsanwaltschaft will neue Ermittlungen allerdings erst aufnehmen, wenn die Steuerfahndung ihre Prüfung abgeschlossen hat. Während in Bankerkreisen die Vorgänge weiter als „spekulativ“ eingestuft wurden, droht der ehrbare Ruf der Wertpapierbörse größeren Schaden zu nehmen: Trotz des Verdachts gegen einige Makler, betonte Börsensprecher Rüdiger von Rosen, dürfe die Börse nicht der Diskussion preisgegeben werden. Klaus-Peter Klingelschmitt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen