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Archiv-Artikel

Luxus à la carte

Im Kokon des guten Lebens: ein 5-Sterne-Tag im Hotel Prince Maurice. Die Insel Mauritius setzt auf Dienstleistung und Edeltourismus

von PETRA SCHROTT

Sorgsam inszeniert ist der Eintritt ins Hotel. Ein paar Stufen hinauf, unter das Vordach der offenen Eingangshalle, wo weiß livrierte Angestellte mich lächelnd empfangen. Ein leicht gewölbter hölzerner Steg zieht ins Innere, verlängert sich zum Pool und wird schließlich eins mit der Lagune im Indischen Ozean. Hier bremst keine schwerfällige Rezeption in der Lobby den schweifenden Blick. En passant und unaufdringlich werden die Formalitäten erledigt an Schreibtischen im Hintergrund mit unsichtbar versenkten Computern. Die luftige Architektur lässt Wind und Vögel in die Hotelhalle, Holzstreben werfen ihre schattigen Muster auf glänzende Marmorböden, Springbrunnen sorgen für Kühlung, Sitzgruppen und Sofas laden ein.

Jetzt in den ersten Stunden beginnt die unauffällige Beobachtung des Gastes im Hotel Prince Maurice. 300 Arbeitskräfte sorgen sich um dessen Wohl. Luxustourismus ist personalintensiv. „Sehr schnell muss klar sein, was die Leute wollen, nur dann sind sie zufrieden“, sagt der smarte Manager Andrew Milton. Sind es romantische Honeymooner, die sich selbst genügen? Wollen sie ihren Körper im Fitnessstudio des Bodydoctors stählen? Steht ihnen der Sinn nach Tai-Chi, Shiatsu-Massage? „Alles muss unter Kontrolle sein, bei welcher Temperatur die Klimaanlagen eingestellt sind, was die Minibar an Nachschub fordert, wann die Suiten verlassen werden, in welchem Restaurant die Leute essen.“ Milton hat deshalb zweimal täglich Besprechung mit seinen Mitarbeitern, um die Daten auszuwerten. Milton will mehr als den 5-Sterne Standard. Die Urlauber in den 89 Suiten von 70 bis 350 Quadratmeter erwarten Luxus, Ruhe, Schönheit und dass man ihnen jeden Wunsch von den Augen abliest. Diskret. Unauffällig. Das Konzept geht auf.

„Das Hotel ist ausgebucht, und das ist die beste Werbung für uns“, sagt Milton. Für die Weihnachtstage 2005 gibt es schon Wartelisten, trotz 40-prozentigen Preisaufschlags. „Einige Menschen haben Jahre für den Aufenthalt gespart, und ihr Traum muss erfüllt werden“, sagt der freundliche Manager. Doch diese Gäste scheinen die Ausnahme zu sein. Die Mehrheit derer, die hierher kommen, muss sich den Aufenthalt nicht vom Mund absparen. Sie sind reich. Ein Tag im Hotel kostet mehr als ein Monatsverdienst der Kellnerin.

Wie eine Prinzessin schreitet die Schönheit auf mich zu, um mich zum Platz meiner Wahl zu begleiten. Eine andere nimmt mir den Teller am Frühstücksbüfett aus der Hand, um ihn zu meinem Tisch zu tragen. Jemand schiebt meinen Stuhl zurecht, legt mir die Serviette auf die Knie. Keine meiner Gesten bleibt unbemerkt. Die Angestellten sind von größter Achtsamkeit, aber nie unterwürfig. Das Tempo des Luxus ist langsam. Die Gespräche – ob Gast oder Angestellter – sind immer leise, nahezu flüsternd. Die wenigen Kinder passen sich dem gedämpften Geräuschpegel an. Vielleicht sind sie Dienstboten gewöhnt oder finden es normal, von drei Menschen mit einem Pfannkuchen versorgt zu werden.

In kolonialen Zeiten tauften holländische Seefahrer die Insel nach dem Prinzen Mauritz von Oranien. Prince Maurice wurde auch das Hotel benannt und knüpft mit seiner Inneneinrichtung und Dekoration an die Zeit der Gewürzstraße. Safran und Curry sind die Farben der Polster, die glänzenden Hölzer des Bodens und der Betten haben das Braun der Muskatnuss, Wahrzeichen des Hotels. Verschwenderisch der Umgang mit Zimt- und Vanillestangen – nur damit es gut riecht. Granit, Marmor, Palisander, Leder, nur edelste Materialien sind verarbeitet.

Mauritius setzt auf Luxusreisende. Die einstigen Zuckerbarone investieren jetzt in die Tourismusbranche, den Markt der Zukunft. Die Zahl der Gäste hat sich mit über 650.000 im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt, Tendenz steigend. Nur die begrenzten Start- und Landemöglichkeiten der Flugzeuge scheinen Grenzen zu setzen. Die Branche träumt vom Ausbau zu einem internationalen Drehkreuz.

Nur das Meer gehört allen. Bei Sonnenaufgang kommen die Fischer aus der Umgebung an den Strand und stellen sich mit ihren langen Angeln ins seichte Wasser der Lagune, wo sie den ganzen Tag ausharren. Hotelangestellten säubern, harken und fegen inzwischen den Sand, bis er glatt ist. Während die Fischer nach Würmern als Köder graben, suchen die ersten Gäste ihr Gleichgewicht mit Tai-Chi. Wenn der warme Morgenwind nachlässt, lärmt ein Helikopter, der die ersten Golfer auf die nahe gelegenen Plätze bringt. Die „beachboys“ rücken nun die Liegen unter schattige Sonnenschirme, und die ersten Sonnenanbeter kommen. Alternativ dazu gibt es im Wellness- und Beautycenter Streicheleinheiten für den Körper. Mit Kundalini-Yoga stimmen sich einige Gäste auf den Tag ein. Später gönnen sie sich eine Schönheitsmassage, lassen sich ihre Verspannungen von Shiatsu-Masseuren wegkneten, gleiten in kalte Bäder, schwitzen in Dampfbädern.

Ich entscheide mich fürs Fitnessstudio. Nicht irgendeins, sondern das des Trainers David Marshall. „Trust me I’m the bodydoctor“, ruft der laut lachende Brite. Drei Kleidergrößen weniger nach sechs Wochen verspricht er marktschreierisch. Nach einer Stunde liege ich ermattet am Boden und lausche den Laufbändern. Deren fiepsendes, hohes Geräusch versetzt mich in eine Intensivstation. Auf dem Sportkanal läuft ein Pferderennen, begleitet von den klatschenden Gewichten. Und dann wieder diese supergemeinen Übungen. Winke dir im Spiegel zu, fordert der Trainer harmlos auf, und man sieht unbarmherzig die nicht mehr ganz so festen Unterarme. „Bye, bye bits“, sagt Marshall ungerührt – „auf zur nächsten Maschine.“ Filmstars, Models und Fußballspieler hat er von seiner Trainingsmethode überzeugt. „Nicht nur jünger, sondern auch fitter sollen sich die Gäste nach dem Aufenthalt im Prince Maurice fühlen“, verspricht der Hotelmanager.

Vor dem Dinner kommt ein bisschen Leben in die hoteleigene Bibliothek. Acht Stunden können lang werden für Pratima, die 25-jährige Hinduistin mit dem strengen Knoten im Nacken. Tagsüber interessieren sich wenig Gäste für die vierseitige Zusammenfassung der Tagespresse in ihrer Landessprache. Nur wenn es regnet, ist viel zu tun und die Bildbände oder das große dreisprachige Buchsortiment findet mehr Beachtung. Die meisten kommen, um sich mit CDs von Manu Chao bis Mozart für Manager in ihre Suiten zurückzuziehen.

Abends werden auf dem hölzernen Steg zwischen Fischteich, Lagune und Mangrovenbäumen Lichter angezündet, die den Weg zu einem schwimmenden Restaurant weisen. Die weißen Uniformen der Wächter blitzen in der Dämmerung, wenn die ersten Gäste die romantische Umgebung aufsuchen. Um die Tagesarbeit im Fitnessstudio nicht zunichte zu machen, kann das Fitnessprogramm mit einem gesunden Ernährungsprogramm kombiniert werden. Kein Alkohol, kein Kaffee, kein Nikotin – versteht sich und vor allem zweimal so viel Gemüse wie proteinhaltige Lebensmittel. In der Zauberwelt von Jacques Ledu, dem 4-Sterne-Chefkoch, Kalorien zu zählen wäre langweilig. Die kleinen Portionen, die seine Küche verlassen, sind Teller-Kunstwerke. Sie animieren zum bedächtigen Essen. Doch jeder Genießer vergisst trotzdem sein Limit, wenn Ledu und seine 44 Kollegen mit indischen oder kreolischen Büfetts ihre Kunst auffahren.

Von 9 Uhr morgens bis 23 Uhr abends dirigiert Ledu zwischen Wasserdampf und zischendem Fett, kontrolliert im Kühlraum den Schnitt des rohen Fischs und die Verzierung der Vorspeisen, bis sich sein Gesicht zufrieden auf den bauchigen Silberabdeckungen spiegelt. Er kennt die Verführungskunst der überbordenden Tische draußen. Wer sich beim Sushi noch beherrscht hat oder den Seeigel verschmäht, der wird spätestens beim Nachtisch schwach. Vergessen ist das leichte Carpaccio von Ananas und Papaya mit Koriander und Zitronengrassorbet vom Vorabend beim Anblick glänzender Schokotorten und Obsttartes. Also noch ein Griff zu den verlockenden winzigen Schälchen: weiße Mousse mit Rosensauce.

Die Air Mauritius fliegt einmal wöchentlich ab Frankfurt/Main auf die Insel.Eine Übernachtung im Prince Maurice mit seinen 89 Suiten kostet pro Person 260 Euro ohne Frühstück. Tel. (2 30) 4 13 91 00, Fax (2 30) 4 13 91 29resa@princemaurice.muwww.princemaurice.com