Luxemburg nach der Wahl: Junckerland in Bettelhand

Ewigherrscher Juncker auf Merkels Spuren: Er gewinnt Wahlen, hat aber keine Mehrheit. Liberalenchef Xavier Bettel greift nach der linken Mehrheit.

Auf der europäischen Bühne ein Schwergewicht, im Inland womöglich bald nicht mehr. Bild: dpa

LUXEMBURG taz | Es kam einem Königsmord gleich, was die luxemburgischen Liberalen, Sozialisten und Grünen am Montagabend verkündeten: Eine Koalition ohne Jean-Claude Junckers CSV. Die ist rechnerisch möglich.

Das ist der klassische Fall einer „Self-Fulfilling Prophecy“: Im Wahlkampf hatten die Konservativen um Juncker die Möglichkeit einer Dreierkoalition als Schreckgespenst benutzt und als „Wischi-Waschi“-Koalition von Opportunisten abgetan, denen es nur darum ginge die CSV abzulösen. Nun müssen sich Juncker und seine Partei darauf vorbereiten, die nächsten fünf Jahre tatsächlich auf der Oppositionsbank zu sitzen.

Eine Option, mit der sie nicht wirklich gerechnet hatten. Wieso auch? Die WählerInnen im Großherzogtum haben den Christsozialen wieder das Vertrauen ausgesprochen. Mit 23 Sitzen liegen sie bequem vor den Liberalen und den Sozialisten mit jeweils 13 Sitzen und weit vor den Grünen, die nur auf sechs Mandate kommen. Das „Für oder Gegen Juncker“-Referendum schien gewonnen. Trotzdem reichen die 32 Sitze, die eine „Gambia“-Koalition zusammenkratzen könnte, für eine Mehrheit.

Aber wenn die Konservativen mit den Liberalen koalieren würden, käme die nächste Regierung auf 36 Sitze – was nicht nur Junckers Partei eher schmecken würde. Auch bei den Liberalen gibt es mächtige Abweichler.

Zu den Befürwortern eines Wechsels bei den Liberalen gehört aber Parteichef und Hauptstadtbürgermeister Xavier Bettel. Er hat sicher die Absicht, Premier zu werden. Die Sozialisten, die eigentlich Anspruch auf den Posten hätten, weil sie ein paar Prozentpunkte mehr als Bettels Liberale bekamen, haben signalisiert, dass sie nicht auf den Posten bestehen würden. Die kleinen Grünen können sich glücklich schätzen, wenn sie überhaupt Teile ihres Programms durchsetzen können.

Der Monarch hat's in der Hand

Juncker selbst hat sich zu dem Vorstoß noch nicht geäußert. Er wartet lieber die Gespräche mit Großherzog Henri ab. Währenddessen meinte CSV-Parteipräsident Michel Wolter, der Wählerwille würde nicht respektiert.

Das Schicksal einer rot-blau-grünen „Gambia-Koalition“ liegt nun in den Händen des Monarchen. Wenn er den liberalen Xavier Bettel mit der Regierungsbildung beauftragt, steht der Koalition nichts mehr im Wege. Bettels Partei will am Donnerstag entscheiden, welchen Weg sie einschlagen will. Wenn bis dahin eine provisorische Koalitionserklärung zustande gekommen ist, muss der Großherzog die CSV in die Opposition schicken.

Was die Erfolgschancen von „Gambia“ angeht, ist die Meinung in Luxemburg geteilt. Gesellschaftspolitische Fortschritte wie die Einführung der Homo-Ehe wird es sicher geben. Bei sozialen Wünschen wie einer Finanztransaktionssteuer werden aber wohl Sozialisten und Grüne Kröten schlucken müssen. Trotzdem ist sich die Mehrheit einig, dass eine Legislaturperiode ohne die ewige CSV dem Land nur gut tun könnte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.