: Luft-Alarmwerte in der City überschritten
■ Benzol und Rußpartikel in der Innenstadt liegen über den »Alarmwerten« des Bundesumweltministers/ Bündnis 90 fordert Autofahrverbote
Berlin. In den Straßen der Innenstadt ist die Luft so stark mit Giften belastet, daß geplante »Alarmwerte« ständig überschritten werden. Dies geht aus einem noch nicht veröffentlichten Gutachten der Umweltverwaltung hervor, das die Fraktion Bündnis 90/ Grüne gestern in Auszügen vorstellte.
In jenem Gutachten sind insgesamt neunzehn Straßen untersucht worden, unter anderen die Lahn-, Schildhorn-, Potsdamer-, Duden-, die Karl-Marx- sowie die Wilhelm- Pieck-Straße. Überall werden die »Alarmwerte« für Benzol, Rußpartikel und Stickoxid, die Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) bis Sommer kommenden Jahres einführen will, »dauerhaft« überschritten.
Benzol löst nach Angaben einer internationalen Expertengruppe Krebs aus, verletzt die Lunge und gefährdet selbst durch die Haut hindurch die menschliche Gesundheit. Auch der »Alarmwert« für Kohlenmonoxid wird auf dem Kurfürstendamm beinahe erreicht.
Die beiden Umweltexperten der Fraktion Bündnis 90/Grüne, Hartwig Berger und Judith Demba, fordern deshalb von der Landesregierung, den Lärm und die Luftbelastung zu mindern. Weil der Verkehr dabei der Hauptverursacher ist, schlagen die beiden Abgeordneten vor, das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Ringes ab Januar 1993 für Autos ohne Katalysator oder ohne Dieselrußfilter zu sperren. Für Anwohner soll eine einjährige Übergangsfrist gelten. Aber auch mit abgasärmeren Autos soll nur dann gefahren werden dürfen, wenn man im Besitz einer Umweltkarte ist.
Das gleiche Verbot soll in verkehrsreichen Zentren wie Steglitz, Pankow, Köpenick und Spandau gelten. Laster, die schwerer als 15 Tonnen sind, dürfen nach diesem Vorschlag innerhalb des Ringes gar nicht und in den Stadtzentren sonntags und nachts nicht mehr fahren. In ihrem Zehn-Punkte-Katalog fordern Demba und Berger auch die Abschaffung von Parkraum.
Welche Konsequenzen die Umweltverwaltung aus dem Luft-Gutachten ziehen will, war gestern nicht zu erfahren. Das Gutachten sei noch nicht fertig, sagte Klaus Kutzner, zuständig für die Überwachung der Luftqualität. Dennoch sei schon jetzt klar, daß Konsequenzen gezogen werden müßten. Fraglich sei dagegen, welche Maßnahmen wirkungsvoll seien. Benzol und Rußpartikel verursachten besonders bei langfristiger Belastung Gesundheitsschäden. Deshalb müsse geklärt werden, welchen Erfolg man sich von einer teilweise nur geringen Reduzierung verspreche. Das Gutachten solle bis zum Frühjahr kommenden Jahres veröffentlicht werden, kündigte Kutzner an.
Mit Einführung von Töpfers »Alarmwerten« müssen die kommunalen Verkehrsverwaltungen zwar nicht handeln, wenn diese Werte überschritten werden, sie können aber gegen den Autoverkehr Maßnahmen ergreifen. Bisher war dies nicht möglich. Sollte Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) aber nicht handeln wollen, so Hartwig Berger, würde er den Sinn des Bundesimmissionsschutzgesetzes auf den Kopf stellen. Dirk Wildt
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