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Love Parade auf Abwegen

Planetcom zeigt sich zahm: Wenn ihre Alternativroute durch den Tiergarten nicht akzeptiert wird, wäre auch der 21. Juli okay. Innenverwaltung prüft. Fuckparade soll nicht als Demo erlaubt werden

von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA

Hannover wird die Love Parade nicht an die Leine legen, auch Leipzig, Magdeburg und das Ruhrgebiet gucken in die Röhre. Enric Nitzsche, Sprecher der Love Parade GmbH, legte gestern auf einer Pressekonferenz „ein eindeutiges Liebesbekenntnis zu Berlin“ ab und stellte zwei Möglichkeiten zur Rettung der Love Parade, die dieses Jahr noch kein Motto hat, in der Hauptstadt vor.

Eine Alternativroute für den traditionellen 14. Juli, nach der die Love Parade zeitgleich am Ernst-Reuter-Platz und an der Urania starten soll, soll der Bürgerinitiative „Rettet den Tiergarten vor der Love Parade“ die Möglichkeit geben, ihre Demo zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule durchzuführen. Die Naturschützer hatten durch die frühzeitige Anmeldung der Planetcom ihr angestammtes Datum am angestammten Ort vor der Nase weggeschnappt.

Der Love-Parade-Sprecher erklärte, dass der 14. Juli „absolute Priorität“ habe. Sollte es dennoch kein „Nebeneinander“ beider Demonstrationen geben, sei man auch mit dem 21. Juli einverstanden – als „Notlösung“. Juristische Schritte gegen die Entscheidung der Versammlungsbehörde, der Bürgerinitiative den Vorrang zu geben, will Planetcom nicht einleiten, obwohl sie daran zweifeln, dass wirklich deren angemeldete 25.000 Teilnehmer kommen. Infolge der schmählichen Niederlage der verspäteten Anmeldung hat Planetcom jetzt die Love Parade für die kommenden fünf Jahre am zweiten Samstag im Juli im Tiergarten angemeldet. Das hat nach Angaben der Innenverwaltung jedoch keine Rechtswirksamkeit.

Die Naturschützer erteilten den Ravern gestern eine Abfuhr. „Beide Veranstaltungen am selben Tag im Tiergarten – das ist unvorstellbar“, sagte ihr Sprecher, Hans-Heiner Steffenhagen. Die Innenverwaltung kündigte an, noch vor Ostern über Termin und Ort der diesjährigen Love Parade zu entscheiden. Aus Sicherheitsgründen hält es Werthebach „eher vertretbar“, die Love Parade um eine Woche zu verschieben. Ein Zusamentreffen beider Demonstrationen sei „polizeitaktisch kaum beherrschbar“.

Zudem gibt es in der Behörde Überlegungen, der Love Parade ab dem kommenden Jahr den Demonstrationscharakter abzusprechen. Den Anfang machen will die Versammlungsbehörde offensichtlich bereits in diesem Jahr – mit der Fuckparade, die als Gegenveranstaltung zur kommerziellen Love Parade stattfindet. Der Frankfurter DJ Trauma XP sagte der taz, dass ihm von der Versammlungsbehörde eine Ablehnung angekündigt wurde. „Uns wurde gesagt, dass der Demobegriff enger gefasst werden soll“ und zu einer Demonstration Transparente und Redebeiträge gehörten. Der DJ kündigte rechtliche Schritte an. „Klar sind wir eine Demo“, erklärte er. Schließlich gehe es um „die Lebensqualität in der Stadt“ und gegen die „Disneyfizierung der Innenstädte“. Ein Sprecher der Innenverwaltung sagte der taz, dass bei der Fuckparade noch nichts entschieden sei und jeder Einzelfall geprüft werde.

kolumne SEITE 13

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