Londons Oberbürgermeister: Energisch und ironisch
Boris Johnson war früher Vizechef der konservativen Tageszeitung "Daily Telegraph" - heute ist er der Oberbürgermeister der Hauptstadt Englands.
Als in London die schwersten Unruhen seit Jahrzehnten ausbrachen, weilte Oberbürgermeister Boris Johnson wie fast alle britischen Spitzenpolitiker gerade im Urlaub - in den kanadischen Rocky Mountains. Bilder seiner brennenden Stadt liefen über die TV-Nachrichten am Flughafen Calgary, als er sich am Montagabend wie fast alle britischen Spitzenpolitiker vorzeitig auf den Heimweg machte. "Ich habe mich geschämt", beschrieb Johnson nach seiner Landung seine Gefühle: "Geschämt für eine kleine, aber wichtige Minderheit der Londoner."
Die Welt sollte 2012 auf London schauen, wenn die Olympischen Sommerspiele starten. Nun schaut die Welt schon im Sommer 2011 auf London. Und im Mai 2012 steht die nächste Oberbürgermeisterwahl an.
2008 war Boris Johnson mit einem haushohen Wahlsieg über seinen linken Vorgänger Ken Livingstone Londoner Oberbürgermeister geworden. Seitdem gilt er als einer der stärksten Politiker der regierenden Konservativen in Großbritannien, einziger wirklich gefährlicher Rivale für Premierminister David Cameron, mit dem er gemeinsam in Oxford studierte. Durch sein energisches Auftreten und seinen Hang zu Selbstironie war Johnson schon lange vorher einer der bekanntesten Politiker der britischen Rechten.
Johnson entstammt einer weitverzweigten alten Familie, die zahlreiche Journalisten und Adlige zählt. Er war von 1999 bis 2005 Chefredakteur des führenden konservativen Wochenmagazins Spectator. Davor war er Vizechef der konservativen Tageszeitung Daily Telegraph und wurde berühmt, als ein Telefongespräch zwischen ihm und einem Freund öffentlich wurde, in dem die beiden einen tätlichen Angriff auf einen Journalisten der News of the World überlegten. Ausgeführt wurde der nie, aber Johnson kann sich seitdem rühmen, beständig schlechte Beziehungen zum Murdoch-Clan zu unterhalten.
Das müsste ihm im jetzigen britischen politischen Klima eigentlich zugute kommen. Aber die Plünderer und Brandstifter von London könnten ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann