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Archiv-Artikel

Lokführer proben die Revolution

betr.: Streik der Lokführer in der GDL

Herbst 2007 in Deutschland. Das normale Leben beginnt wieder nach der Sommerpause. Doch eine kleine Gruppe von Arbeitern stört die Normalität: Die Lokführer, organisiert in der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), proben die Revolution: Sie wollen sich nicht länger mit der aus ihrer Sicht unzureichenden Vertretung durch die großen Gewerkschaften abfinden. Sie wollen ihren eigenen Tarifvertrag, und sie wollen für ihre Arbeit mehr Geld.

Ähnliches versuchten schon die Fluglotsen und Piloten, alles Berufsgruppen, die an wichtigen Schaltzentralen sitzen, und die so, obwohl zahlenmäßig nur wenige, große Teile des öffentlichen Lebens durch ihren Streik lahmlegen können. Und sofort finden sich Stimmen, die dieses unsolidarische Verhalten geißeln: Nur weil einige wenige zufällig mächtige Hebel umlegen könnten, glaubten sie, sie könnten sich aus der Solidarität der Arbeiter und Angestellten entfernen und für sich bessere Bedingungen erpressen.

Das mag sein. Aber sie sind beileibe nicht die Ersten, weshalb die Empörung erstaunt. Firmen, nehmen wir als Beispiel ruhig die Deutsche Bahn, werden in der Regel von leitenden Angestellten oder Vorstandsvorsitzenden im Auftrag der Besitzer geführt. Sie sind Angestellte der Firma, so wie die Klofrau. Diese leitenden Angestellten waren die Ersten, die sich aus der Solidarität der Mitarbeiter entfernt haben. So sollen die Vorstände der Deutschen Bahn in den letzten gut 10 Jahren ihre Einkommen verdreifacht haben, und schon fast gilt es als unsittlich, wenn so jemand weniger als eine Millionen Euro im Jahr mit nach Hause nimmt – wobei gleichzeitig die Einführung eines Mindestlohns von einigen Euro die Stunde natürlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Da die Vorstände der Unternehmen direkt an den Futtertrögen saßen, fiel es nicht weiter auf, wenn sie sich immer unsittlicher aus diesen bedienten. Anders als die Lokführer und Piloten, mussten sie keinen Streik beginnen, um mehr Geld zu erhalten. Und wahrscheinlich wäre ein solcher Streik auch niemandem unangenehm aufgefallen. GUIDO ANGENENDT, München

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