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LohndumpingXS-Lohn im XL-Schlecker

Auch in Bremen schließt die Drogeriekette Schlecker kleine Filialen zugunsten größerer "XL"-Märkte - in denen die Beschäftigten künftig für das halbe Geld arbeiten.

Jetzt noch billiger: Die Arbeitskraft bei Schlecker Bild: DPA

Sie haben das Sortiment erweitert. Es gibt nun Dinge wie Brombeerstrauch-Setzlinge für 1,79 Euro. Zwischen den Regalen ist so viel Platz, dass selbst mehrere Kinderwagen bequem nebeneinander hergeschoben werden könnten. Und der etwas billig anmutende Blauton des alten Corporate Design wurde durch pastellfarbene Punkte aufgehübscht.

Wie in ganz Deutschland hat Schlecker auch in Bremen damit begonnen, bestehende Filialen zu schließen und gleichzeitig neue, so genannte "XL"-Märkte, mit zwei- bis dreimal so viel Verkaufsfläche und einer freundlicheren Innenraumgestaltung zu eröffnen. Sechs Schlecker-Märkte schlossen nach Verd.i-Angaben im letzten Jahr in Bremen. Dafür eröffnete an der Gröpelinger Heerstraße vor einigen Wochen der erste "XL"-Schlecker.

Dabei handelt es sich keineswegs um ein bloßes Facelift der bisher etwas düster und eng wirkenden Drogeriemärkte. Wer bei Schlecker XL arbeitet, ist nicht mehr Beschäftigter der Unternehmenszentrale im baden-württembergischen Ehingen, die vor einigen Jahren per Gerichtsbeschluss dazu verpflichtet wurde, den Einzelhandels-Tariflohn von bis zu 12,66 Euro zu zahlen. Die XL-VerkäuferInnen stehen auf der Lohnliste der Meniar-Zeitarbeits GmbH im sächsischen Zwickau.

"Meniar zahlt den Verkäuferinnen bis zu 50 Prozent weniger als das Stammunternehmen", sagt der Bremer Ver.di-Sekretär Richard Schmid, der für den Einzelhandel zuständig ist. Die Löhne bewegten sich um 6,50 Euro je Stunde, es gebe kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld mehr und auch der Jahresurlaub sei auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum reduziert worden. Die Beschäftigten müssten entweder Einbußen von mehreren hundert Euro im Monat hinnehmen oder ihre Arbeitszeit deutlich aufstocken. Das seien "ganz üble Machenschaften", sagt Schmid, denn gegründet worden sei Meniar von einem ehemaligen Schlecker-Personalmanager, der das Unternehmen auch leite. Schmid hält die mit der Umetikettierung einhergehenden Dumpinlöhne für unzulässig. Seiner Meinung nach handelt es sich sich um einen "regulären Betriebsübergang" - und in solchen Fällen müsse der neue Arbeitgeber so viel zahlen wie der alte.

Die Firmenzentrale war nicht für eine Stellungnahme zu ihrem neuen Filialkonzept zu erreichen. Wenn man Schlecker-Beschäftigte nach dem neuen XL-Konzept fragt, dann bekommt man Antworten wie: "Das ist schon nicht so schön", so recht will aber niemand etwas sagen. Das Unternehmen ist bekannt dafür, seine Beschäftigten mit Testkäufern zu überwachen. Mit den XL-Märkten reagiert die Besitzerfamilie auf den wachsenden Wettbewerbsdruck. Der Expansionskurs des Marktführers stagnierte durch die Konkurrenz von Ketten wie dm oder Rossmann.

Die massive Lohnkürzung sorgt derweil für viel Kritik. Bei der Eröffnung in Gröpelingen protestierten Aktivisten des "Mayday"-Bündnisses mit Flugblättern und Transparenten vor dem Markt gegen das Lohndumping. Die Polizei leistete der Aufforderung des Marktleiters, die Protestler zu verscheuchen, keine Folge, da diese sich friedlich verhielten. Das Mayday-Bündnis will nun gemeinsam mit Ver.di weiter gegen Schleckers Lohndumping protestieren. Dem Vernehmen nach wird als nächstes die Filiale in der Schwachhauser Wätjenstraße in einen XL-Markt umgewandelt.

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