Löhne und Wirtschaftskrise: Flüstern vom Aufschwung
Die Wirtschaft hat die Krise offenbar hinter sich gelassen - höhere Löhne lehnen die Kammern aber ab. Die Lebensverhältnisse in Berlin seien schließlich günstiger als in anderen Metropolen.
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Die Berliner Wirtschaft blickt zuversichtlich in die Zukunft und wächst - von Lohnerhöhungen wollen die Kammern aber nichts wissen. Das "zarte Pflänzchen Aufschwung" dürfe nicht durch übereilte Zugeständnisse bei den Löhnen zunichte gemacht werden, sagte am Montag der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder.
Er verwies darauf, dass die Wertschöpfung von Arbeit in Berlin weiterhin etwa 20 Prozent unter der von München liege - die Berliner Wirtschaft also deutlich weniger produktiv ist als die anderer Großstädte. Und in Dienstleistungsbranchen wie dem Gastgewerbe bestimmten nun einmal Markt und Nachfrage die Löhne, sagte Eder. Er stemmte sich damit gegen Äußerungen der Bundesregierung, die bei anziehender Wirtschaft entsprechende Lohnerhöhungen gefordert hatte. Sein Kollege von der Handwerkskammer, Jürgen Wittke, ergänzte, dass die Lebenskosten in Berlin niedriger seien als in anderen Metropolen - daher sei es falsch, pauschal höhere Löhne zu fordern. Außerdem gelte es, das Image als günstiges Reiseziel zu wahren.
Wittke gab sich bei der Vorstellung der Herbst-Konjunkturumfrage zudem vorsichtig mit langfristigen Prognosen zur Berliner Wirtschaft. Zwar scheine die Krise überwunden; es müsse aber abgewartet werden, wie stabil die Erholung ist: In Berlin dominieren kleine und mittelständische Unternehmen. Die arbeiten oft für Branchengrößen als Zulieferer und sind von ihnen abhängig. Hohe Eigenkapitalquoten, um Einschnitte oder verzögerte Zahlungen aufzufangen, haben sie in der Regel nicht.
Grundsätzlich sei die Stimmung derzeit optimistisch, sagte Wittke gleichwohl. "Fast jedes vierte Unternehmen sagt, es wolle mehr Personal einstellen." Der Konjunkturklimaindex erhöhte sich um neun auf 123 Punkte. Der Index bildet die gegenwärtige Geschäftslage und die Erwartungen der Wirtschaft ab; Vergleichswert ist 100.
Dabei hellt sich die Stimmung in der Industrie eher langsam auf, auch in Handwerk und in der Baubranche sind die Unternehmer vorsichtig: Sie profitierten bislang von den Konjunkturpaketen des Bundes, die nun auslaufen. Profiteure des Berliner Aufschwungs sind einmal mehr Dienstleister und das Gastgewerbe - Branchen, die sich durch besonders prekäre Löhne auszeichnen.
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