Lobbycontrol prangert Deutsche Bank an: Abwesender Ackermann
Josef Ackermann, der oft gescholtene Chef der Deutschen Bank, hat einen Preis verliehen bekommen. Den Negativpreis für fragwürdige Lobbyarbeit.
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Schon wieder wollen sie den Josef ärgern. War er deshalb nicht erschienen, als der Verein Lobbycontrol am Mittwoch der Deutschen Bank und ihrem Vorsitzenden die "Lobbykratie"-Medaille überreichen wollte? Der Chef weilte woanders. Vielleicht speiste er mit Granden aus der Finanzbranche. Vielleicht waren auch Politiker dabei. Alles Spekulation.
Bekommen hat er den Preis für "irreführende, undemokratische Lobbyarbeit". Weil er "über einen privilegierten Zugang die günstigen Konditionen für die Finanzbranche bei der Griechenland-Rettung prägte". Und weil er gleichzeitig bekannte: "Es trifft uns hart." Für diese Mischung aus undurchsichtiger Einflussnahme und durchsichtigem Schauspiel wurde der 63-Jährige nominiert.
Er setzte sich gegen vier weitere Kandidaten mit einem Traumergebnis von 44 Prozent durch. 6.000 Menschen haben per Internet abgestimmt. Was hat sie bewogen? Missgönnen sie dem Josef sein Jahressalär? Oder suchen sie einen Sündenbock? Passt es zum Zeitgeist, den Prügelknaben aus den Eliten zu wählen?
Nein. In der Bevölkerung herrscht Unmut über "das System", und der richtet sich vermehrt gegen "die Finanzbranche". Doch die Menschen wissen, dass der Abgang einzelner "Ackermänner" die Probleme nicht löst. Alle Betrüger sind auch Betrogene. Josef Ackermann ist dennoch mehr als ein gewöhnlicher Repräsentant dieses Systems. Er hat den Preis verdient - ganz persönlich.
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