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Archiv-Artikel

Live in Oldenburg Laurie Anderson

LAURIE ANDERSON (60) ist Musikerin und Performance-Künstlerin

taz: Frau Anderson, Ihr neues Programm heißt „Homeland“, da denkt man an George Bush und seine Homeland Security, an den 11. September 2001 – worum geht es in Laurie Andersons „Homeland“?

Laurie Anderson: Es hat durchaus mit der politischen Situation in den USA zu tun. Aber es hat auch damit zu tun, wie die Menschen sich auf ihre Heimat beziehen. Das ändert sich. Dinge verschwinden. Zum Beispiel gibt es in New York keine Plattenläden mehr, weil die Menschen keine Platten mehr kaufen. Es gibt keine Telefonzellen mehr oder Bankfilialen. Viele Orte, zu denen Leute gegangen sind, sind nicht mehr da. Also lebt man in einer abstrakteren Welt. Vieles von meiner Arbeit handelt davon, wie Technologie Menschen verändert. Ich habe ein Interview mit einer 15-Jährigen gelesen, die sagte, dass ihre Generation kein Privatleben mehr wolle. Ihr ganzes Privatleben sei im Internet: ihr Tagebuch, ihr Sexualleben, ihr Bankkonto. Das ist eine Auswirkung von Technologie. Andere Teile des Programms sind eher persönlich.

Sie nehmen „Homeland“ erst nach der Tournee auf und improvisieren viel. Wie viel von dem Programm haben Sie vorher festgelegt?

Auf dieser Tour ändern sich die Texte nicht so sehr, hauptsächlich wegen der Übersetzung für die Übertitel, weil die Texte sehr wichtig sind. Deswegen hoffe ich, dass die Übersetzungen gut sind.

Angeblich bauen Sie für jedes Projekt eine besondere Geige. Ist das wahr?

Naja, nicht für jedes Projekt, aber ich habe viele verschiedene gebaut. Die Violine, die ich für dieses Projekt gebaut habe, ist sehr cool. Die ganze Technik für die Show ist sehr anspruchsvoll, aber auch fast unsichtbar, weil es keine Instrumente mehr gibt. Es gibt Software, Fußpedale und Trigger – das macht wirklich Spaß. So ist es auch nicht linear und du kannst schnell von einer Sache zur anderen springen: Wenn ich zum Ende eines Songs einen neuen Rhythmus haben will, dann kann ich mir sofort einen von fünfzig aussuchen. Viele Rhythmen sind aus gefundenen Klängen und verrückten Sounds entstanden.

Sie waren zwei Jahre lang „Artist in residence“ bei der NASA – eine angenehme Erfahrung?

Das war ein seltsamer Job. Ich war die Erste und Letzte, die das gemacht hat. Als sie mich fragten, ob ich es tun wolle, dachten sie wohl, sie würden irgendein sexy Techno-Projekt bekommen. Als ich ihnen sagte, ich würde ein langes Gedicht schreiben, waren sie sehr enttäuscht. Es war fantastisch. Ich habe lauter Nanotechnologen und Robotik-Ingenieure getroffen, die ich sonst nie kennengelernt hätte.

Denken Sie, dass es dieses Programm wieder geben sollte?

Auf jeden Fall. Es sollte einen Artist in residence im Weißen Haus, im Obersten Gerichtshof, im Kongress geben. Künstler haben einen anderen Blick auf die Welt.

Fragen: Andreas Schnell

Dienstag, 20.30 Uhr, Staatstheater Oldenburg