piwik no script img

Littmanns Reaktion auf BühnenverbotHerrschaftsinstrument der Nazis

Die Rote Flora in Hamburg hat dem Theaterchef Littmann ein Auftrittsverbot erteilt, weil er ein „Gentrifizierer“ sei. Littmann vergleicht nun die Rotfloristen mit Nazis.

Nicht überall willkommen: Corny Littmann. Bild: dpa

HAMBURG taz | Corny Littmann hat der Roten Flora eine diktatorische Praxis vorgeworfen, die „böse Erinnerungen weckt“. Weil das Plenum des besetzten Gebäudes im Hamburger Schanzenviertel dem Chef des Schmidt-Theaters und früheren Präsidenten des FC St. Pauli ein Bühnenverbot erteilt hat, spricht der sogar von einem „Herrschaftsinstrument der Nazis“.

Littmann sollte am 24. April die Lesung einer Rio-Reiser-Biografie musikalisch begleiten – bei der Veranstaltung „Lesen ohne Atomstrom“, die sich gegen die vom Stromkonzern gesponserten „Vattenfall-Lesetage“ richtet. Das Flora-Plenum will Littmann nun nicht auftreten lassen. Das Argument: Er sei eine treibende Kraft der Gentrifizierung auf St. Pauli.

Littmann hält das Vorgehen für der Rotfloristen für skandalös. „Ich stehe seit über 35 Jahren als offen schwuler Künstler national und international auf Bühnen, ein Auftrittsverbot ist mir noch nie erteilt worden“, sagt er.

Mit Bandmitgliedern von „Ton Steine Scherben“, Jan Plewka und Jan Delay sollte Littmann Reisers Lieder singen. Littmann war seit 1977 mit Reiser befreundet und hat für ihn das Stück „Irrenanstalt“ geschrieben. Die Scherben spielten Parolen wie „Das ist unser Haus – ihr kriegt uns hier nicht raus“, „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ oder „Keine Macht für Niemand“, die das Selbstverständnis der Linken bis heute prägen.

„Mit denen steht man dann in einer Reihe“

Lesetage alternativ

Als Gegenveranstaltung zu den Vattenfall Lesetagen gibt es in Hamburg unter anderem "Lesen ohne Atomstrom - die erneuerbaren Lesetage". Ein paar Highlights:

Iris Berben und Roger Willemsen präsentieren am 21. April im Schauspielhaus Texte über Widerstand, Ungehorsam und Empörung. Dazu gibt es Live-Musik von den Sisters.

Jean Ziegler stellt am 22. in den Kammerspielen sein neuestes Werk "Wir lassen sie verhungern - die Massenvernichtung in der Dritten Welt" vor. Anschließend fordert Rudolf Hickel "Zerschlagt die Banken". Der Blues-Musiker Abi Wallenstein musiziert dazu.

Corny Littmann sollte am 24. mitmachen bei der konzertanten Lesung der inoffiziellen Rio-Reiser-Biografie von Hollow Skai in der Roten Flora. Der Autor liest selbst. Die Veranstaltung wird per Video nach draußen übertragen.

„Es gibt zwei mögliche Reaktionen auf ein solches Auftrittsverbot“, sagt Littmann der taz. Entweder gehe man davon aus, dass man es mit pubertierenden Jugendlichen zu tun habe oder man nehme das Verhalten ernst – „und das tue ich“. Dann müsse man sich die Länder ansehen, wo Künstlern Auftrittsverbote erteilt werden. „Mit denen steht man dann in einer Reihe“, sagt er.

Dieses Vorgehen sei keine Lappalie. In einem offenen Brief an die Rote Flora schreibt Littmann: „Wie sich ein gegen mich gerichtetes Auftrittsverbot mit euren hehren antifaschistischen Ansprüchen verträgt, wie ihr Freiheit der Kunst definiert, das würde ich zu gerne erfahren.“

Das Argument der Rotfloristen, Littmann sei eine treibende Kraft der Gentrifizierung St. Paulis, nennt der Theatermann „eine infame, abenteuerliche Behauptung, die jeder Grundlage entbehrt“. Littmann war einer der Geschäftsführer der Spielbudenplatz Betreibergesellschaft, die den Platz an der Reeperbahn bespielt. Die behauptete „damit einhergehende Vertreibungspolitik“ sei aber wohl eine Lachnummer aus dem Comedy-Repertoire der Roten Flora, so Littmann: „Wer ist denn bitte vom Platz vertrieben worden, kennt ihr noch die Sandwüste aus den 90er Jahren?“

Hollow Skai sieht den Streit gelassen. Der Autor der „inoffiziellen Biografie des Königs von Deutschland“ wurde vom Veranstalter des Literaturfestivals, dem Verein „Kultur für alle“, gefragt, ob er einen Leseabend zu Reiser macht. „Ich habe dann meine Freunde von Ton Steine Scherben gefragt, ob sie mitmachen.“ Corny Littmann habe sich angeboten, dazu zu kommen.

„Das was da jetzt auf St. Pauli läuft, da hab ich keine Ahnung“, sagt Skai. Aber der Abend sei der falsche Ort, diesen Konflikt auszutragen. Priorität habe es, eine Lesung gegen Vattenfall zu machen – und einen Abend für Rio Reiser. „Ich finde es nicht richtig, ein Auftrittsverbot zu erteilen“, sagt er. „Aber den Abend werden wir auch ohne Corny machen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

35 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • E
    Elvenpath

    Herr Littmann scheint da ein kleines Problem mti der Wahrnehmung zu haben:

    Ein generelles Auftrittsverbot in Deutschland gibt es für ihn nicht.

    Und Herr Littmann ist in der Roten Flora eben unerwünscht. Das ist deren gutes Recht und der Vorwurf der Nazi-Methoden ist völlig daneben.

    Wer gleich die Nazi-Keule raus holt, sagt nur, dass er keine Argumente hat. Denn auf den eigentlichen Vorwurf, dass er ein "Gentrifizierer" ist, geht er gar nicht ein. Warum wohl.

  • A
    Altonaerin

    Nun, ist mal gut.

     

    Die NS Äußerungen, des Herrn Littmann,

    Disqualifizieren Ihn sowieso .

     

    Aber, die Inszenierte Kampagne jetzt

    läuft,ist zum Knochen Kotzen.

  • K
    Künstler?

    Vielleicht sollte irgendjemand Herrn Littmann mal verraten, dass man ein Leben nicht nur als schwuler Künstler leben kann kann, sondern auch als Mensch und Bürger dieser Stadt. Und als solchen möchte man ihn aus guten Gründen nicht. Einem Großgrund- und Beteiligungbesitzer mit wenig Demokratieverständnis muss man nicht überall die Bühne überlassen, zumal, wenn er schon so viele im Stadtteil sein Eigen nennt.

  • S
    Stefan

    Der Spielbudenplatz hat zwar allerlei Geschmäckle:

     

    - Vattenfall als Partner... unfassbar dämlich. Auch damals schon.

     

    - Aktiv Transport als "Abschlepp-Partner". Ausgerechnet. Dreckig, gerichtsbekannt, immer wieder verurteilt für seine Abzockerei. Das "Mandat" könnte man denen binnen 24h entziehen...

     

    - Ausnutzen des Haus(!)-rechts auch abseits von Veranstaltungen (fast schon SPD-Hauptbahnhof-Style...). In der Tat Dinge, die auf einem öffentlichem Platz nicht gingen...

     

    - neben vielen guten auch etwas seltsame Veranstaltungen, wie z.B. beim Eurovision Song Contest, bei dem man eigentlich nur die Reeperbahn-Kulisse für die Zuschauerhirne brauchte, und auf die Locals aber auch ganz deutlich geschissen hat. (Sichtschutzwände, agressive "Security"-Parapolizei-Hirnies mit kleinen Hirnen und grossen Egos in Kirmesuniformen, komische Einlassregeln... nicht-VIPs bitte verpissen oder ganz, ganz hinten anstellen... )

     

     

    Trotzdem ist dieser Schritt völlig daneben. Un-wichte, die sich mal wichtig machen wollen. Und dann noch zu Lasten eines extrem wichtigen Anliegens...

  • M
    Matt

    Das Plenum erinnert stark an einen Klerus.

     

    Wer zu lange im eigenen Saft kocht, wird am Ende genauso

    intolerant und -istisch, wie diejenigen, die ihre Todfeinde sind.

     

     

     

    Wer nicht mit uns ist, ist automatisch ein Gegner.

    Ob das faschistisch ist, soll jeder selbst entscheiden.

     

    Ich find`s nur peinlich.

  • AN
    Alles nur geklaut

    Hätte der Kulturimperialist Rio nicht den Schwarzen die Musik geklaut, hätte es keinen Deutschpunk gegeben und damit auch keinen Rechtsrock.

  • E
    Espressotrinker

    Volle Zustimmung für Corny Littmann... Die werktätige Linke hatte schon immer Probleme, die studentisch-alternative Bewegung nachzuvollziehen. Eine Bewegung, die zwar zu Recht Faschismus ablehnt, aber zugleich Mao und Che Guevara verehrt, hat selbst genau so wenig Legitimation wie Faschisten und ist definitiv selbst eine Erscheinungsform totalitärer Unterdrückung! Wir erleben heute besonders in Berlin eine linke Szene, die rein gar nichts mehr mit Arbeiterbewegungen zu tun hat. Die Ironie an der Sache ist, dass genau diese selbsternannten Linksintellektuellen in einer linken Diktatur entweder Funktionäre und Unterdrücker werden oder selbst im Arbeitslager verschwinden würden -und dieses demokratische Deutschland, welches Zaimoglu liebt und das diese Leute vehement ablehnen, die einzige Staatsform ist, in der diese Leute überhaupt ihren paradoxen Lebensstil führen können! (Und bitte nicht behaupten, man wäre typische deutsch intellektuellenfeindlich - wäre die Mehrzahl dieser Leute wirklich intellektuell, wären sie keine Ideologen. Diese Selbstdefinition ist blanker Hohn!)

  • E
    Earendil

    Keine Ahnung, was an den Gentrifizierungsvorwürfen dran ist, aber die Reaktion von Littmann ist ja oberpeinlich. "Auftrittsverbot"... geht's noch? Ich wusste gar nicht, dass die Freiheit der Kunst beinhaltet, jederzeit an jedem gewünschten Ort auftreten zu können, egal ob das dem Veranstalter recht ist oder nicht. Nur weil der Herr Künstler mal ausgeladen wurde, fühlt er sich gleich wie bei den Nazis verfolgt? Lächerlich.

     

    Und was zum Teufel haben die Tatsachen, dass der Herr offen schwul lebt und seit 35 Jahren auf der Bühne steht, mit der Sache zu tun? Das klingt so nach: "Mich einfach ausladen? Wissen Sie denn nicht, wer vor Ihnen steht? Unerhört, das lasse ich mir nicht bieten!"

     

    Bleibt in der Tat die Frage, ob man so ein Getue ernst nehmen oder als pubertär belächeln soll. Jugendlich ist der Mann ja offensichtlich nicht mehr, aber ernst nehmen kann man so etwas auch nicht. Auf jeden Fall ist es vielleicht ganz gut, wenn jemand, dem sowohl jegliche Bodenhaftung als auch jede politische Reflexion fehlen, nicht in der Flora auftritt.

  • RD
    Rio Dutschke

    Jan Delay? Igitt, bitte nicht!

  • DS
    Dreht sich im Grab um

    Präsidenten von Fußballvereinen sind sowohl als Antifaschisten als erst recht als Antikapitalisten der absolute Oberwitz.

  • RD
    Rainbow Dash

    Bin selber aktiv involviert in einem Veranstaltungsort und Littmanns Rumgeheule ist einfach nur typisch und nicht sonderlich originell - das hört man von jedem Künstler, dem man mitteilt man möchte ihm keine Bühne bieten.

     

    Was daran jetzt ach so totalitär sein soll oder einen Nazi-Vergleich rechtfertigt weiss ich nicht. Da ist ein Raum, da stecken Menschen ihre Arbeit rein damit der Laden läuft, damit da Technik vorhanden ist, damit da die Sicherheit gewährleistet ist (gerade im Rahmen der Ballermannisierung der Schanze immer wichtiger geworden). Und diese Menschen sagen nun: tut uns Leid, DIR möchten wir hier keine Bühne bieten.

    Das ist ja wohl ihr gutes Recht. Die Rote Flora ist keine staatliche Zensurbehörde die Littmann jetzt verboten hat überhaupt aufzutreten - sie wollen ihn einfach nicht bei sich in der Flora haben.

     

    Und dafür haben sie verständliche Gründe.

  • CL
    carol logan

    wohlwissend, dass die taz gelegendlich eine recht einseitige art der berichterstattung betreibt, hier die verlautbarung die auf der floraseite zu dem geschwafel von corny zu lesen ist.

     

    Antwort auf den offenen Brief von C. Littmann

     

    Wir haben kein Problem mit dem Künstler, sondern mit dem Unternehmer Cornelius Littmann - und wer uns kennt sollte wissen, dass uns seine sexuelle Orientierung herzlich egal ist.

     

    Herr Littmann vergreift sich im Ton. Er reagiert persönlich beleidigt auf einen rein politischen Dissenz. Herr Littmann verfügt über eigene Bühnen und offensichtlich hat er auch keine Schwierigkeiten mit seinen Ansichten und Befindlichkeiten Raum in den Hamburger Medien zu bekommen.

    Aufgrund seiner geschäftlichen und lokalpolitischen Tätigkeit auf St. Pauli und dem damit auftretenden politischen Widerspruch, wollen wir ihm

    nicht auch noch unsere Bühne zur Verfügung stellen. Von Mundtotmachen kann also keine Rede sein. Daraus konstruiert er krude und ahistorische

    Nazianalogien.

     

    Zum eigentlichen Kern: Aufgrund der Teilprivatisierung des Spielbudenplatzes sind z.B. politische Versammlungen nicht auf Basis des

    Versammlungsgesetzes anmeldbar, sondern von der Gnade der Pächter abhängig. Die Dank Vattenfall(!) auf dem Spielbudenplatz errichteten Bünen wurden 2007 mit einer Sprinkleranlage ausgestattet. Diese sollte

    durch regelmäßige Berieselung „randständige Personen“ vertreiben.

    Abgebaut wurde diese baulich automatisierte Vertreibungseinrichtung nicht etwa aufgrund der Einsicht der Betreibergesellschaft oder Herrn

    Littmanns, sondern aufgrund handfester Empörung der Öffentlichkeit.

    Mittlerweile erledigen Wachschutzunternehmen diesen Job.

     

    Zu der Kungelei mit der Bayrischen Hausbau: Aufgrund der Intervention von Stadtteilinitiativen hat der FC St. Pauli der Bayrischen Hausbau keine Räumlichkeiten mehr zur Verfügung gestellt. Daraufhin hat C.

    Littmann dem Investor durch Bereitstellung eines Versammlungsraumes ausgeholfen. Zudem ist C. Littmann mehr als einmal mit konkreten Umgestaltungsvorschlägen der ESSO-Häuser an die Öffentlichkeit getreten.

    Anders als vielleicht Herrn Littmann auf St. Pauli, in Hamburg und anderswo, ist uns gar nicht danach, "in der Stadt das sagen zu haben", denn unsere Utopien sind ganz im Gegenteil zu den seinigen die einer selbstbestimmten, emanzipatorischen Gesellschaft.

  • M
    Marianne

    Jetzt zeigt dieser Herr endlich mal sein wahres Gesicht in der Öffentlichkeit!

  • D
    drui

    "Entweder gehe man davon aus, dass man es mit pubertierenden Jugendlichen zu tun habe oder man nehme das Verhalten ernst"

     

    Es ist ja wohl eindeutig, dass Corny es hier mit spätpubertierenden Jugendlichen zu tun hat, die Gentrification weden kennen, einschätzen noch definieren können und deshalb als Totschlagargument benutzen. Der Nazivergleich ist damit unnötig provozierend und aus einer beleidigten Haltung heraus unsouverän. Den Linken will ich kennenlernen, der sich stets antikapitalistisch verhält, alle Konsumtempel meidet und alle Hundert Meter auf die Straße scheißt im Kamp gegen Gentrifizierung. Rio Reiser wird sich im Grab umdrehen, wenn er den Pseudo-Linken hier beim lächerlichen Streiten um nichts zusieht.

  • RS
    rote socke

    Ohne Gegencheck und persönliche Nachfrage bei Corny Littmann, dem Gentrifizierer, was ihn dazu bewogen hat, diese unqualifizierte Aussage zu machen, bleibt mir, nachdem mir die Spucke weggeblieben ist, nur noch zu sagen: "Hat er sie nicht alle?"Nur zu gut erinnere ich mich an den Einsatz der Sprinkleranlage auf den Bühnen am Spielbudenplatz, um die Obdachlosen zu vertreiben !!!

  • S
    Selbstwahrnehmung?

    Einfach nur peinlich diese Nazikeule-Reaktion von Corny Littmann. Vielleicht sollte er sich mal mit dem ihm vorgeworfenen Begriff auseinandersezten. Was Gentrifizierung bedeutet und wie man diese voran treibt. Die Zeiten in denen er sich auf dem Kiez großer Beliebtheit erfreute sind lange vorbei, er will es nur einfach nicht wahrhaben...

  • H
    hessebub

    Sich gegseitig zerfleischen konnte die Linke schon immer am Besten. Was für ein Kindergarten...

  • AA
    Andi Arbeit
  • AA
    Andi Arbeit

    Nun ja, dröseln wir das mal auf:

     

    Corny Littmann hat sich sicher etwas vereinnahmen lassen. Gerade als erfolgreicher Künstler sollte er für sich auch die Verantwortung entdecken, jenseits von Schnittchen und Champagner auch mal zur politischen Stadtteilkultur Position zu beziehen.

     

    Es kann nicht nur darum gehen, es sich als Galionsfigur gemütlich zu machen und nur die Spaßseite zu bedienen. St. Pauli braucht für die Öffentlichkeit die kritische Unterstützung bekannter Künstler, wie Corny Littmann.

     

    Hilf uns doch mal, Corny!

     

    Das ist das einzige, vermutlich unbeabsichtigt Positive, was die Flora-Aktivisten mit ihrem linksdogmatischen Hirnfurz immerhin zum Diskurs gebracht haben.

     

    Schöner wäre ein weniger konservativer Weg gewesen. Aber dazu hätte die Flora ja einen echten Plan erarbeiten müssen.

  • GS
    Ganz schlau:

    http://www.nadir.org/nadir/initiativ/roteflora/news/20130002.html

     

    "Antwort auf den offenen Brief von C. Littmann

     

    Wir haben kein Problem mit dem Künstler, sondern mit dem Unternehmer Cornelius Littmann - und wer uns kennt sollte wissen, dass uns seine sexuelle Orientierung herzlich egal ist.

     

    Herr Littmann vergreift sich im Ton. Er reagiert persönlich beleidigt auf einen rein politischen Dissenz. Herr Littmann verfügt über eigene Bühnen und offensichtlich hat er auch keine Schwierigkeiten mit seinen Ansichten und Befindlichkeiten Raum in den Hamburger Medien zu bekommen. Aufgrund seiner geschäftlichen und lokalpolitischen Tätigkeit auf St. Pauli und dem damit auftretenden politischen Widerspruch, wollen wir ihm nicht auch noch unsere Bühne zur Verfügung stellen. Von Mundtotmachen kann also keine Rede sein. Daraus konstruiert er krude und ahistorische Nazianalogien..."

  • R
    Regimekritiker

    Wirklich traurig, dass man mit solchen Scheinargumenten wie, dass er (ein Einzelner?) an der Mietpreissteigerung schuld sei einem Künstler Bühnenverbot erteilen kann. Wieso schätzen die Deutschen die Freiheit so wenig?

  • A
    Auslader

    Herr Littmann ist doch nur ausgeladen worden?

    Wieso wird daraus gleich ein Auftrittsverbot ala Nazifaschismus gemacht?

  • A
    autocrator

    @ Kontroverso:

    erst jemanden einladen, dafür vorgespräche führen, vertrag machen, inhalte & auftrittstermin festlegen usw.usf., das dauert ja alles. Wenn dann, kurz bevor's soweit ist, mit einer inhaltlich-sachfremden begründung, die zu alledem noch keine neue erkenntnis ist sonder allgemein bekannte tatsache, diesen jemand dann wieder ausgeladen wird ... das überschreitet den rahmen einer ausladung doch deutlich und rückt tatsächlich das geschehen nahe eines auftrittverbots.

     

    Littmann darf nicht in der Flora auftreten, nicht weil es künstlerische differenzen, unterschiedliche meinungen über die zu vermittelnde botschaft/message, oder erhebliche schwierigkeiten in der zusammenarbeit, die den gesamten theaterbetrieb bedrohen gäbe ... sondern weil Littmann ausserhalb dieses ganzen geschehens für eine sache steht bzw. dafür stehend gehalten wird – sprich, weil eine vermutete gesinnung von den theaterbetreibern verurteilt und "bestraft" wird.

     

    Ich weiss jetzt nicht, ob die Flora öffentliche gelder / fördermittel ö.ä. bekommt. Falls ja, ist das dann wirklich heftiger tobak, so kann das in einer zivilen gesellschaft nicht abgehen. Die gutsherrenzeiten sollten endlich vorbei sein.

  • UZ
    und zu

    Littmann ist kein Gentrifizierer,

    und damals war niemals ein Nazi.

     

    Ob man dafür nun ein Auftrittsverbot erteilen muss, weiß ich nicht - aber Littmanns Reaktion ist nur um so dümmlicher und erst recht ein Grund, ihn auszuladen.

     

    All die selbstgerechten Neokonservativen, die ihrer linken Jugend nachtrauern und sich hier auskotzen, sehen sich doch nur selbst auf der Anklagebank. Und das, obwohl sie doch eine schicke Luxuslimusine mit Hybrid(!) fahren, ihre Sechshundertquadratmeterwohnung auf St. Pauli mit Ökostrom(!) befeuern und ihre 1,4 Kinder auf die Waldorfschule schicken.

  • L
    LCS_Hamburg

    Wat för een Gedöns! ... linksalternative Selbstzerfleischungsarie Mal wieder! Ja, die liebwürdigen Rotfloristen haben, ausnahmsweise, den Steinschleuderbogen etwas überspannt… Bühnenverbot ist historisch bedingt ein ernstes politisches Instrument und als Jugendstreich daher voll uncool. Manche Attitüden und Auftritte Corny Littmans mögen umstritten sein, sein unermüdliches ehrenamtliches politisches (und finanzielles!) Engagement für Kultur- und Gayszene, vor allem aber für die Erhaltung des Stadtteils, war enorm wichtig und ist daher unumstritten. In den 80ern und 90ern – die meisten Flora-AktivistInnen waren in ihren Vororte und Provinzstädtchen der Republik noch nicht geboren worden – waren Theater und viele andere Gebäude bi uns op St Pauli vorm Zerfall und Abriss bedroht und konnten nur durch gezielte Kommerzialisierung (=Gentrifizierung?!) gerettet werden… Aber um Inhalte geht es de lütten Klookschietern doch gar nicht sondern: (bombastisches) Aktionismus = Presserelevanz = fettes Tagging. Eenfach sluusohrig!

  • K
    Karl

    Warum hat man den Herren denn überhaupt eingeladen, wenn man ihn dann öffentlichkeitswirksam um kurz vor zwölf wieder auslädt? Er wird wohl nichz in den letzten zwei Monaten zum bösen Gentrifizierer mutiert sein, oder doch?

  • N
    neubau

    Als ehemaliger Hamburger, der aber im "Vorort" Farmsen gewohnt hat, kann ich nur sagen: Mir war die Schanze immer schon am liebsten, wenn ich dort nur zu Besuch war!

     

    Allerdings übertreibt Corny, so sehr ich ihn mag, hier ein wenig. Er wurde ausgeladen - aus fragwürdigen Gründen. Ihm wurde ja nicht verboten, anderswo aufzutreten.

     

    Wie wenig die Linke in HH allerdings noch innovative Kraft ist, sieht man allein daran, dass sie keine neuen Lieder kennt, sondern die alten von Rio in Dauerschleife laufen lassen muss!

  • C
    Cooler_Humanist

    Meine Güte. Die Floristen machen sich langsam lächerlich. Muss man denn bettelarm sein, um bei denen noch durchzugehen?? Frage mich langsam, ob die nicht faschistischer werden als ihre "Gegner". Ich war früher gerne da aber seit ein paar Jahren kommen mir die Leute dort zunehmend verbohrt vor. Die Scherben, Plewka und Delay sollten diese Lesung denn auch eigentlich boykottieren.

  • V
    viccy

    @ Kontroverso

     

    Das ist schon klug, was Du sagst. Aber bedenke auch, die Nazis hatten die Macht, ein reichsweites Auftrittsverbot zu erteilen, die Leute hinter der Flora haben Macht nur für ihr Haus.

     

    Im Kern hast Du aber wohl schon Recht. Private "Klubs" sollten entscheiden, wen sie reinlassen und wen nicht. Ganz anders wäre es bei einer staatlichen Einrichtung.

  • A
    andreas

    @von Kontroverso:

    ...allem und jedem Nazimethoden vermuten.

     

    Natürlich hat Herr Littman recht. Und mit welchem Recht meinen Leute in einem Stadtteil das Recht zu haben zu entscheiden wer hier wohnen darf und wer nicht ?

    Diese Leutze haben vorher andere verdrängt, denn dieser Stadtteil war einmal ein Arbeiterbezirk. Das war denen doch auch egal. Merke niemand hat darüber zu entscheiden ausser das Geld.

    Alles andere ist Faschismus/Kommunismus !

     

    Erlicher wäre es aufs Land zu ziehen und sich dort selbst Wohnraum zu bauen.

     

    Diese Leute sind so dermaßen verlogen das es einem die Schuhe auszieht.

  • Q
    quer-ulantin

    Bezeichnet sich dieser Herr tatsächlich als Künstler?

     

    Die Rotfloristen muss nicht jeder mögen - aber sie haben das Recht, Leuten wie Herrn Littmann nicht auf ihrer Bühne auftreten zu lassen. Der passt da nun wirklich nicht hin!

     

    Aber deswegen gleich die NAZI-Keule rausholen!?

    Pffft - zur Selbstkritik sollte jeder Mensch fähig sein - oder meint er, er hat Anspruch auf einen Schwulenbonus!?

     

    Selbst falls er kein Gentrifizierer sein sollte - gut verdienen tut er dran und er macht auch nix dagegen. Setzt er sich z.B. für die ESSO-Häuser ein?

     

    Und: während seiner Zeit als Vereinspräsident des FC St.Pauli wurde dieser Verein zum "Kult"-Verein hochgeschaukelt - jetzt fahren da schon Krawattenträger mit St.Pauli-Schal in ihren SUVs hin!

  • H
    Harald

    Corny Littmann muss, wie wir West-Älteren alle, mühsam und bitter lernen, daß heute 'links' nichts mehr mit der linken Aufbruch- und Utopie Stimmung früherer Tage zu tun hat.

     

    'Links', das ist heute die neostalinistische Transformation von SED und MfS.

  • L
    Lubim

    Getroffene Hunde bellen eben.

    Corny Littmann hat anscheinend nicht verstanden was Gentrifizierung ist. Die Veranstaltungen auf dem neuen Spielbudenplatz, wie z.B. der "European Song Contest" verändern das Viertel; nicht zum Positiven, wie ich finde. Außerdem werden dort Obdachlose knallhart vertrieben.

    Wenn Littmann was macht, nützt das vor allem Littmann.

    Dieser Nazivergleich outet ihn auch noch als völlig unbeleckt in Geschichte, das ist sehr peinlich.

     

    Die Flora ist ja keine Regierung, die ihm Auftritte mit Repressalien im ganzen Land unmöglich macht. Es geht lediglich um ein Hausverbot in der Flora. Littmann kann überall anders auftreten, wenn ihn jemand dort sehen/hören will.

     

    Nur weil Littmann schwul ist, ist das noch kein Freifahrtschein für "anything goes", wir sind ja alle so liberal, Freiheit der Kunst usw..

    Die Auftrittsverbote der Nazis haben sich ja auf Künstler_innen bezogen, die nicht mit deren mörderischen Politik auf einer Linie waren.

    Das sehe ich bei den Rotfloristen nicht. Sie möchten schlicht einem Gentrifizierer wie Littmann keine Bühne geben. Eine vollkommen gesunde Abgrenzung gegen einen übergriffigen Menschen.

    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jemand aus der roten Flora bei der "patriotischen Gesellschaft" oder einer Parteiveranstaltung von "CDU/FDP/SPD" auftreten könnte.

     

    Alles in Allem empfinde ich das als den Aufschrei eines narzistischen Künstlers, der von allen geliebt werden möchte, egal was er macht.

  • K
    Kontroverso

    An diesem Beispiel ist doch exemplarisch zu sehen, wie eine Ausladung ratz fatz zu einem angeblichen "Auftrittsverbot" ausartet. Auftrittsverbote haben die Nazis für Künstlerinnen und Künstler (hauptsächlich jüdischer Abstammung, Kommunisten usw.) reichsweit erlassen. Herr Littmann darf nicht in der Flora auftreten. Ja, das scheint mir fast das Gleiche zu sein. Aber immer erst mal das tun, was man anderen so gerne vorwirft: Hinter allem und jedem Nazimethoden vermuten.

     

    Herr Littmann hat sich spätestens Mitte der 2000er antschieden Gentrifizierer zu werden. Dann soll er doch auch in den feinen Häusern auftreten. Aber da will ihn keiner. Komisch, da gibt es keinen offenen Brief.

  • B
    breaking

    Ich gehe nicht mehr in die Flora, das darf ich auch nicht, denn ich habe als Studi in den achtziger Jahren die einfachen Malocher aus der Schanze vertrieben. Die konnten nicht so viel zahlen, wie die WG´s.

     

    Totalitär ist echt schwer...zu ertragen!!!