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LiteraturverfilmungTragödien des Katholizismus

Kommentar von Ekkehard Knörer

Simple Abrechnung mit himmelschreiender Bigotterie: Julian Jarrold verfehlt Evelyn Waugh mit seiner Kinoverfilmung von "Wiedersehen mit Brideshead".

Immer gut im Kino: ménage à trois. Vor allem unter Anglo-Katholiken. Bild: concorde

D er Einzige, den ich kenne, der die Fernsehserienverfilmung von "Wiedersehen mit Brideshead" mit Jeremy Irons nicht kennt, scheint mir, bin ich. Zum Vergleich der ersten Kinoversion von Evelyn Waughs Klassiker mit dem Fernsehvorgänger kann ich also sehr wenig sagen, außer dass - so viel ist sicher - Matthew Goode nicht Jeremy Irons ist.

Was nicht heißt, dass er schlechter ist als Charles Ryder. Auf etwas zu farblose Weise farblos vielleicht. Das ist aber kein Drama, denn Charles Ryder, der Ich-Erzähler und Protagonist von Film und Roman, ist keineswegs deren zentrale Figur. Viel eher ist er nur das Aufzeichnungsorgan, das in "heiligen und profanen Erinnerungen", wie es im Untertitel des Romans heißt, ein monströses Faszinosum in den Blick nimmt: die an Geld und Tradition reiche und dabei und wohl auch deshalb zutiefst unglückliche Familie Marchmain.

Die Bekanntschaft mit deren Sprössling Sebastian Flyte (Ben Wishaw) macht Charles Ryder in Oxford, als Sebastian durchs Fenster in sein im Erdgeschoss gelegenes Zimmer kotzt. Am nächsten Tag gibt es zur Entschädigung Blumen, und Charles lernt Sebastian näher kennen, auch seinen Teddybären Aloysius und Sebastians Clique, die in Oxford aufs Attraktivste verrufen ist als vergnügungssüchtige Bande von Anglo-Katholiken - und Letzteres heißt, liest man im Buch, als Bande von "Sodomiten mit unattraktivem Akzent".

Unattraktiv findet Charles an Sebastian freilich gar nichts. Nicht den Akzent, nicht das Katholische und selbst das Sodomitische nicht. Sie fahren, Sebastian entwickelt an Charles ein nicht ganz unschuldiges Interesse, aufs Marchmain-Schloss Brideshead, wo Charles dann zu niemandes Glück der attraktiven Schwester Julia (Hayley Atwell) und der überstreng gläubigen Mutter (großartig: Emma Thompson) begegnet. Was folgt, ist eine dem Katholizismus geschuldete mehrfache Tragödie.

Das gilt für Film wie Roman, aber mitnichten in derselben Weise. Obwohl der Film scheinbar treu alle wesentlichen Grundzüge der Vorlage übernimmt, wird er ihrem Geist nicht gerecht. Nicht dass "Wiedersehen mit Brideshead" wie jede Romanverfilmung verkürzt, verschiebt und verdichtet, ist das Problem, sondern dass der Film das zentrale Thema, das Verhältnis der Figuren zum Katholizismus nämlich, simplifiziert und verfälscht. Aus der tiefen Ambivalenz des selbst zum katholischen Glauben konvertierten, erzkonservativen, schwulen Exzentrikers Waugh wird hier eine simple Abrechnung mit himmelschreiender Bigotterie.

Dabei ist das Ganze nicht einmal so verschnarcht inszeniert, wie von Fernsehmann Julian Jarrold vielleicht zu befürchten war. An der Oberfläche knistert und zischt hier so manches. Darunter aber ist "Wiedersehen mit Brideshead" hohl und banal und damit das ganze Gegenteil des Romans.

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