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■ Linsen SouffléDie synthetischen Affen kommen zurück

Da haben wir uns doch neulich an dieser Stelle schon ausführlich über die grauenvolle Zeit der Remakes ausgelassen, nur um jetzt zu erfahren, daß sie gerade in Hollywood dabei sind, Leichen auszugraben, an denen selbst Maden keinen Spaß mehr haben. Erinnert sich noch jemand an The Monkees? Nein? Gut! Also, die Monkees waren das erste Paradebeispiel einer synthetisch erzeugten Popsensation. Anno Domini 1965 inserierten die TV-Produzenten Bert Schneider und Robert Rafelson in der Branchenbibel Variety: „Vier irre Jungens gesucht, Alter 17 bis 21, die Mut zur Arbeit haben.“ Damals lag die Arbeitslosigkeit noch nicht so im Trend, deshalb meldeten sich nur 437 Freiwillige. Ausgesucht wurden: Der Ex-Jockey David Jones, Pädagogikstudent Peter Tork, Ex-TV-Kinderstar Mickey Dolenz und Ex-Soldat Mike Nesmith. Immerhin konnten zwei von ihnen Noten lesen, Schlagzeug spielte keiner, und ihre Gitarrenkünste und Gesangstalente reichten nicht mal für die Badewanne. Egal. In aller Eile wurde ein 30-Minuten-Fernsehfilmchen mit den Jungs heruntergekurbelt. Die blöden Teenies fielen auf den Schwachsinn herein, und NBC machte aus der Affentruppe eine Serie. Jetzt drehten die Youngsters hohl und geiferten nach Platten. Das stieß aus obenerwähnten Gründen zunächst auf Schwierigkeiten. Nach drei Monaten hatten die Monkees endlich gelernt, wie man ein Instrument hält. Das Spielen selbst übernahmen Profis. Die Melodien wurden unter anderem von Neil Diamond und Carole King geliefert. Es funktionierte prima. Noch vor der Auslieferung der zweiten Single, „I'm a Believer“, gingen 1.051.280 Vorbestellungen ein. The Monkees verkauften mehr Platten als The Beatles. Bei ihrer ersten Tournee, irgendwie hatte man es geschafft, ihnen ein paar ihrer Stücke beizubringen, brach eine Massenhysterie aus. Allein mit Monkee-Gitarren, Monkee- Comics, Monkee-Pullovern, Monkee-Hosen usw., die in einer eigens geschaffenen Ladenkette „The Monkee Stores“ verscherbelt wurden, machten die Erfinder der hemmungslosen Marketing-Masche ein Multi-Millionen- Dollar-Vermögen. 1968 kam das von Jack Nicholson konzipierte und von Bob Rafelson inszenierte abendfüllende Primatenlichtspiel „Head“ heraus. Ein Jahr später war Schluß mit dem Affentheater. Einige Bandmitglieder hatten Allüren entwickelt und versuchten (Hohoho!) „Solokarrieren“. Affe tot! Doch dann wurde die Sache erst richtig ekelhaft: 1986 betätigten sich die Volksverdummer von MTV als Grabschänder und sendeten ohne Not in einem 22stündigen Marathon 45 Folgen der alten TV-Serie. Verletzte waren nicht zu beklagen, im Gegenteil, die dämliche Fan-Gemeinde schrie: KULT! Diesen Stempel wird man nicht wieder los. Also: Comeback-LP, Comeback-Tour etc. Dann kamen endlich die 90er. Aus der fossilen Retortenband ließ sich keine müde Mark mehr herausquetschen — glaubte man. Aber wo andere nur eine Wüste sehen, riechen Hollywoods Yuppies Wasser. Sie ließen anfragen, ob die vier Monkees (oh ja, die leben alle noch) nicht Interesse an einem neuen Filmprojekt hätten. Die alten Männer waren begeistert. Die Affenscheiße dampft wieder. Karl Wegmann

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