■ Linsen Soufflé: Manchmal kommen sie wieder
David Cronenberg kommt wieder. Endlich! Allerdings wird er wohl nicht die Regie bei „American Psycho“ übernehmen, doch dafür hat sich der Kanadier wieder – nach „Naked Lunch“ – einen spektakulären Underground-Klassiker ausgesucht. Cronenberg will J.G. Ballards „Crash“ auf die Leinwand bringen, jene abgefahrene Geschichte um einen Mann, der von Autounfällen sexuell erregt wird. James Spader, Holly Hunter und Rosanna Arquette werden ab September dem Regisseur ihre Schaffenskraft leihen. Ob dem in letzter Zeit eher glücklosen Brian De Palma (er dreht gerade mit Tom Cruise „Mission: Impossible“) noch ein Comeback gelingen wird, ist dagegen mehr als fraglich. Jetzt soll er die Regie bei der John Grisham-Verfilmung „Die Kammer“ übernehmen. Das Buch ist langatmig und spannungslos. Da bringt auch De Palma keinen Schwung rein. Einen Treffer, das kann jetzt schon behauptet werden, landete dagegen Stephen Frears. Denn nach „Commitments“ und „Snapper“ wird nun auch der letzte Teil von Roddy Doyles Barrytown-Trilogie visualisiert. Regie: Stephen Frears. Colm Meaney, bekannt und beliebt aus Teil eins und zwei, wird in „The Van“ wieder mitspielen. Diesmal geht's um einen Autobus, der zur Imbißbude umfunktioniert wird, um vor Fußballstadien jede Menge Fritten zu verkaufen. Wann sich dagegen endlich mal wieder ein Projekt für Ridley Scott (sein Bruder Tony bricht gerade mit dem U-Boot- Reißer „Crimson Tide“ in den USA Kassenrekorde) findet, weiß kein Mensch. Er versucht es, keine Frage, aber da wurde er im Rennen um den ersten Ebola- Thriller von Wolfgang Petersen geschlagen, und jetzt ist er den Launen eines Brad Pitt hilflos ausgeliefert. Scott würde schon gerne beim Actionfilm „Con Air“ Regie führen, aber die Produzenten wollen nur, wenn Brad Pitt die Hauptrolle übernimmt, und der ziert sich noch. Überhaupt nicht geziert hat sich dagegen der französische Mime Vincent Perez („Die Bartholomäusnacht“), als man ihm den Platz des verstorbenen Brandon Lee in der Fortsetzung der düsteren Rachefantasie „The Crow“ anbot. Das ist eigentlich gar nicht schlecht, denn zuerst sollte der klebrige Schmuserocker Jon Bon Jovi diesen Part übernehmen, und der ist auf bonbonfarbenen Postern in Kleinmädchenzimmern nun wirklich besser aufgehoben. Sehr gut aufgehoben ist auch Volker Schlöndorff. Der sitzt nun, nach drei Jahren hartem Einsatz als Geschäftsführer der Studio Babelsberg GmbH, endlich wieder auf dem Regiestuhl. Sein Projekt heißt „Der Unhold“ und basiert auf dem Roman „Der Erlkönig“ des Franzosen Michel Tournier. Es geht um einen Waisenjungen, der sich schon früh von Erwachsenen abgestoßen fühlt und Kinder und Tiere bevorzugt. Völlig unbefangen und verständnislos, aber mit einer gehörigen Portion Glück, tapst er durch den Zweiten Weltkrieg, um schließlich in den Urwäldern Masurens seine Traumwelt zu finden. Tief philosophisch, das Ganze, und jeder, der gleich an „Forrest Gump“ denkt, soll sich was schämen. Diese Lieber-Trottel-Geschichte kommt schließlich aus Europa, und hier haben wir Kultur. Jawohl! Karl Wegmann
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