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Linkspartei guckt rot-grünes TV-DuellDie Linke guckt zu tief ins Glas

Lederer und Gysi gucken TV-Duell und trinken sich einen. Das führt so weit, dass schon die Senatsposten verteilt werden. Der absehbare Einzug der Piraten ging an der Linken wohl vorbei.

Während Klaus Wowereit und Renate Künast sich im Fernsehen durchaus noch näher kommen könnten, verteilen die Linken schon Senatorenposten bei einem Gläschen Sekt.

Während der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Donnerstagabend gegen Renate Künast (Grüne) antritt, genehmigt sich sein Koalitionspartner ein Gläschen Sekt. "Das ist nur mit Alkohol zu ertragen", grinst Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linken, auf seinem roten Sofa. Neben ihm sitzt Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi: "Mich ärgert das so, dass die uns ausgeschlossen haben." Gysi kritisiert den RBB, der in dieser Woche zwar Frank Henkel (CDU) und Künast zum TV-Duell gegen Wowereit antreten ließ, aber keinen Vertreter der Linken. Gysis Lösung: Ein Internet-Livestream, in dem er das Duell mit spitzen Bemerkungen kommentiert - am Dienstag an der Seite vom Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf, nun mit Lederer.

Die beiden amüsieren sich, stoßen an. Nicht auf das Duell, sondern auf die künftige Regierung, die eine Fortsetzung der alten sein soll - Rot-Rot. Ein Zuschauer nutzt die Kommentarfunktion und fragt, was die Linke macht, wenn sie nach der Wahl in der Opposition landet: "Ich bitte Sie", stöhnt Gysi empört. Keine Sekunde zweifle er an der Regierungsbeteiligung. Berlin brauche die Linke als Junior der SPD, der "Hartz-IV-Partei", wie Lederer sie nennt. Und als Wowereit sagt, er wolle einen Koalitionspartner, mit dem eine sozial gerechte Politik möglich sei, ist sich Gysi sicher: "Das sind zweifellos wir!"

Gysi redet und redet. Sein Lieblingsthema ist der neue Großflughafen in Schönefeld. Sperenberg wäre die richtige Lösung gewesen, sagt er. Lederer unterbricht: "Jetzt geht es um Koalitionen übrigens." Gysi redet weiter. Künast habe der CDU eine Absage erteilt, jetzt könne sie eigentlich gehen, fasst Lederer zusammen. Es sei ohnehin anmaßend, nur bleiben zu wollen, wenn man Regierende Bürgermeisterin wird, erwidert Gysi und fragt: "Gibt es eigentlich noch Sekt? Mein Glas ist die ganze Zeit leer. Ich dachte, das fällt dir mal auf." Im Sektnebel verteilt er sogar schon Senatsposten, will das Bildungsressort bei seiner Partei sehen. Lederer ist eher für Stadtentwicklung. "Lass uns mal wieder einen Augenblick zuhören", sagt er.

Von den Umfragewerten, die einen Einzug der Piraten ins Abgeordnetenhaus voraussagen, scheinen die Linken da noch nichts gehört zu haben. Ein Erfolg der Neulinge würde die Fortsetzung der rot-roten Koalition zunichte machen. Endgültig.

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7 Kommentare

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  • S
    Slimak

    Ich weiß schon, warum ich seit Jahren kein taz-Abo mehr habe - die taz hat sich zum Presseorgan der grünen Besserverdiener entwickelt und scheint auch nur noch genau diese Klientel im Fokus zu haben und entsprechend zu bedienen. Gysi und Lederer ziehe ich der langweiligen drögen Künast mit dem Blick auf die Fleischtöpfe allemal vor.

  • ND
    Norbert Dannenberg

    In den 70er und 80er Jahren kam es auch öfter vor, daß Journalisten sich bei angetrunken Politikern eingeschleimt haben, ihnen Äußerungen entlockten, die sie nüchtern nie gemacht hätten, um sie dann am nächsten Tag bloßzustellen. Das war immer die Springerpresse. Ginge es vielleicht noch etwas ekliger?

  • GA
    Gereon Asmuth

    @kolja

    Der Einzug der Piraten ins Parlament ist doch spätestens seit dem letzten Wochenende absehbar: http://taz.de/Die-Gruenen-im-Vorwahl-Tief/!77451/

     

    Grüße aus der immer wieder gern mal rumätzenden taz,

    Gereon Asmuth

  • K
    Kolja

    der "absehbare einzug der piraten" war zeitlich erst nach dem livestream bekannt... aber linke müssen wohl nach den erwartungen der taz in die zukunft schauen können. :D die fragen nach opposition und ressorts kamen aus dem chat. wenn gysi und lederer darauf NICHT geantwortet hätten, wäre das vom autor dieses textes bestimmt auch mit punktabzug gerügt worden. aber das sind petitessen, denn es ging weitenteils um inhalte, die der autor dieses artikels, wie DIE PARTEI, wohl lieber "überwinden" will... ;-) aber das können sich ja alle selbst ankucken - demnächst im podcast auf www.die-linke-berlin.de...

  • E
    elbraun

    ich bin kein ahänger des linken-flügels, dem lederer angehört und nicht sonderlich zufrieden mit dem, was diese partei in rot-rot so gemacht hat (auch habituell), doch dieses geschnattere zwischen gysi (sympathisch) und lederer (unsympathisch) war sehr gute unterhaltung und ohne das wäre das künast/wowereit "duell" kaum auszuhalten gewesen. ich habe manchmal den eindruck, dass es ziemlich egal ist, was die linke macht (Knallharte Forderungen stellen, sich mt witzugen Mitteln gegen medial Exklusion wehren, opponieren oder regieren zu wollen), immer haben alle möglichen MitarbeiterInnen der taz (Reinecke, KLingelschmitt et al) wenig sympathie für sie übrig. Das ist merh als auffällig, dabei noch langweilig und reiht sich in alle andern blätter des deutschn zeitungswaldes ein. gähn... ach, was rege ich mich über das hausorgan der grünen auf - wie die partei, so die zeitung...

  • T
    thonixy

    Die taz präferiert halt volltrunkene Grüne gegenüber entspannten Linken ;-)

  • R
    RoMina

    Das klingt doch nach einem humorvollen Umgang - miteinander, mit dem Koalitionspartner und mit dem RBB. Zwei Menschen, die trinken und sprechen können statt sich zu besaufen und an der Ampel einzuschlafen, oder?