Linker Kongress: Mit links zum Grundeinkommen
Der dritte Kongress zum Grundeinkommen sorgt schon im Vorfeld für Streit. Linkspartei und Attac wettern gegen "Mogelpackungen", die keine Existenzsicherung garantieren.
Ein Tag vor dem dritten Grundeinkommenskongress haben linke Befürworter des Modells die Debatte neu eröffnet. Bürgerliche Modelle pervertierten die Idee des Grundeinkommens, kritisierten gestern Vertreter von Linkspartei, Attac und Erwerbsloseninitiativen auf einem Vernetzungstreffen in Berlin.
Auf dem Kongress, der am Wochenende in der Humboldt-Universität stattfindet, sollen verschiedene Varianten des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) diskutiert werden. Das BGE zeichnet sich dadurch aus, dass es individuell, in existenzsichernder Höhe, ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zur Gegenleistung gezahlt wird. Auf dem Kongress wird ein Teilnehmerspektrum von Götz Werner, dem Gründer der Drogeriemarktkette dm, bis hin zur Linkspartei erwartet. Kein Wunder also, dass es schon vorher zu Zoff kommt.
"Götz Werner, dem geht es nicht um Umverteilung. Dem geht es darum, dass alle Steuern abgeschafft werden", kritisiert Christian Fuchs von Attac. Die Umverteilung von oben nach unten ist auch für Stefan Wolf wichtiges Kriterium eines linken Grundeinkommens. Wolf ist Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in der Linkspartei und bezeichnet Modelle wie die von Götz Werner oder des Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) als Mogelpackungen. "Das ist nicht existenzsichernd", sagt Wolf zu dem von Althaus vorgeschlagenen Grundeinkommen in Höhe von 600 Euro. Er selbst fordert 950 Euro für alle.
Aber die Höhe ist nicht das einzige Merkmal, in dem sich ein "emanzipatorisches Grundeinkommen", wie die Veranstalter es nennen, von anderen Modellen unterscheiden soll. Das Grundeinkommen ersetze zwar Arbeitslosengeld II, Kindergeld und Bafög, andere Sozialleistungen blieben aber bestehen. Außerdem soll ein linkes Modell nicht über eine Konsumsteuer, sondern über eine stärkere Belastung von Kapital und höherer Einkommen finanziert werden.
Als globales Recht will Katja Kipping, stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, das Grundeinkommen verstanden wissen. Es sei "elementar wichtig", dass es weltweit eingeführt werde, sagt die prominenteste Grundeinkommensbefürworterin ihrer Partei. Ansonsten müssten "neue Mauern um Europa" gebaut werden. Dass es in ihrer Partei mit der Mehrheit für ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht geklappt hat, bedeute kein Scheitern der Idee. Vielmehr sei es ein "Projekt, das von unten erkämpft werden muss", sagt Kipping. Sie habe den Eindruck, dass sich trotz geringer medialer Beachtung mehr Leute für die Idee interessieren.
Der dritte deutschsprachige Grundeinkommenskongress von Freitag bis Sonntag soll als Ideenbörse neue Impulse für die Debatte bringen, sagt Günter Sölken vom Netzwerk, das den Kongress mitorganisiert. Er erwartet 500 Teilnehmer.
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