: „Life is good“
Warten auf Springer: Während ProSiebenSat.1 des Übernahmevollzugs harrt, präsentiert die Sendergruppe auf ihrer Hauptversammlung trübe Aussichten für die gesamte Fernsehbranche
VON STEFFEN GRIMBERG
Patrick und John sehen aus wie etwas zu alte College-Studenten und langweilen sich sichtlich. Öde Sache, und dann noch auf Deutsch, in einer Sprache, deren Simultanübersetzung sie über Kopfhörer zugeknurrt bekommen. Aber sie müssen hier sein: Patrick J. Healy und John P. Cannaughton sind schließlich Abgesandte der Investmenthäuser Hellman & Friedman bzw. Bain Capital im Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media AG. Und so lassen sie stoisch die Hauptversammlung über sich ergehen. Nur als die Kleinaktionärsvertreter dann doch noch nach der geplanten Übernahme durch Springer fragen, kommt kurzzeitig Leben ins Podium.
Um 10.30 Uhr hatte in der Wappenhalle des alten Münchner Flughafens Riem alles recht vielversprechend angefangen: „Meine Damen und Herren, ich eröffne hiermit die ordentliche Hauptversammlung der ProSiebenSat.1 Media AG. Zu meiner Person: Mein Name ist Mathias Döpfner“, sagte niemand Geringeres als der Springer-Chef. Doch übernommen ist natürlich noch nichts, Döpfner macht „als dienstältester Aufsichtsrat“ auf Bitten von Hauptaktionär Haim Saban nur wie im Vorjahr den Versammlungsleiter. Auf Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften spricht man von Gesetzes wegen Deutsch, was Saban immer noch etwas schwer fällt. Wer davon auf seine Ausstiegswilligkeit bei der 2002 aus dem Untergang des Kirch-Imperiums übernommenen AG schließen will, wurde gestern immerhin bedingt schlauer.
Döpfner bat zwar vor dem Plenum um „Verständnis“, dass er wieder mal nichts zu den Marktspekulationen sagen wolle. ProSiebenSat.1-Vorstandschef Guillaume de Posch und Finanzvorstand Lothar Lanz gaben sich dagegen beim nachträglichen Pressegespräch betont locker. „Wir spielen hier nix“, sagte Lanz, es sei doch ganz normal, dass bei einem börsennotierten Unternehmen mal die Aktionäre wechselten. „Unruhe“ brächte die ganze Diskussion, ob Springer seinen bisherigen Anteil an der nach TV-Marktanteilen größten Senderfamilie Deutschlands von derzeit 12 auf über 50 Prozent aufstockt, schon gar nicht ins Unternehmen, meinte denn auch de Posch: „Alle Beteiligten sind eigentlich Bekannte.“ Die Rückmeldungen vom Aktienmarkt hätten außerdem ergeben, dass ein solcher Deal positiv gesehen würde. „Alles ist denkbar“, so Lanz – „und offensichtlich ist ja Interesse vonseiten Springers da.“
Die Kleinaktionäre, die mit ihren stimmrechtlosen Vorzugsaktien ohnehin wenig zu melden haben, sind da längst am Buffet. Mancher sackt allen Ernstes trockene Brötchen für zu Hause ein – späte Rache für die schlechte Dividende 2003, als es nur 2 Cent je Aktie gab? Dieses Jahr scheint alles besser. Es gibt heuer 30 Cent pro Aktie – was selbst in München für eine Semmel reichen dürfte. Dummerweise sind die Aussichten für die TV-Branche mager: Das vierte Quartal 2004 lief trotz Weihnachtsgeschäft beschissen. ProSiebenSat.1 rechnet 2005 nicht mehr mit einer Erholung, sondern einem weiteren 2-prozentigen Rückgang der Einnahmen im Werbemarkt. Die ersten drei Monate 2005 bestätigen den Trend: Der Vorsteuergewinn fürs erste Quartal ist beim Flaggschiffsender Sat.1 um 18 Prozent gesunken. Bei ProSieben, dem eigentlichen Sorgenkind der TV-Familie, fällt der Absturz noch krasser aus: minus ein Viertel.
Durch strikten Sparkurs der eigenen Sender soll wenigstens das Ergebnis von 2004 knapp übertroffen werden. 200 Leute (von rund 3.000) mussten im vergangenen Jahr gehen, 30 Millionen Euro lautet der Sparkurs für 2005. Betroffen ist in erster Linie das Programm. Die erste Maßnahme aller Sender in einem solchen Fall: Im zuschauerschwachen Sommer gibt’s nur Wiederholungen.
Haim Saban sieht allerdings nicht so aus, als ob ihn das ernstlich sorgen würde. Unten am Podium steht ein besonders treuer Aktionär sogar für ein Autogramm an. Ob Saban denn wirklich nichts sagen möchte? „Life is good“, sagt der Mann aus L. A.