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„Liebe taz...“ Kein positives Gesamtklima

Betr.: „Wenn Schwänzen zum Alltag wird“, taz bremen vom 18. Juni

Das Problem der (längerfristigen) Schulverweigerung wird zunehmend als bedeutendes Problem wahrgenommen. Wesentliche Ursachen liegen sicherlich – wie im Artikel benannt – in familiären und sozialen Zusammenhängen sowie unzureichenden gesellschaftlichen Perspektiven für benachteiligte Jugendliche. Erstaunlicherweise werden aber Ursache und System Schule nicht erwähnt! Über Schulverweigerung zu schreiben/reden ohne Schule/Lehrer/Unterricht mit einzubeziehen? Meines Erachtens undenkbar. In meinem pädagogischen Alltag mit Schulverweigerern spielen schulinterne Aspekte oft eine wichtige Rolle. Zu benennen sind unter anderem:

1. Fehlendes positives „Gesamtklima“ in der Schule beziehungsweise Probleme der SchülerInnen mit einzelnen Lehrern.

2. Zeitliche und fachliche Überforderung der Lehrkräfte im Umgang mit Schulverweigerern und geringes Lehrerinteresse an der Rückkehr „schwieriger SchülerInnen“.

3. Unzureichende Interventionen der Lehrkräfte bei Schülerkonflikten. Zum Beispiel bei Mobbing- oder Gewaltattacken gegen SchülerInnen, die dann mit „Flucht“ reagieren.

4. Ungenügende Informationen und Kommunikation innerhalb der Schule über die Problematik. Sowie mangelnde schulinterne Absprachen und Strategien, wann und wie bei Schulverweigerung zu reagieren ist. Späte oder fehlende Interventionen der Schulaufsicht.

5. Schlechte Vorbereitung und unzureichende Kontrolle der Übergänge von der allgemeinbildenden in die berufsbildende Schule.

Ein sinnvolles Agieren im Interesse der Jugendlichen erfordert eine Analyse außerschulischer Bedingungsfaktoren wie schulinterner Aspekte. Aus der Analyse müssen Konsequenzen folgen, die Handlungs- und Zukunftsperspektiven für sich verweigernde SchülerInnen bieten.

Reinhold Gravelmann (Sozial- und Diplom-Pädagoge)

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