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Gorbatschow und der Nobelpreis

Die Nobelpreise, die an Pasternak, Solschenizyn und Sacharow vergeben wurden, wurden in Moskau jeweils mit Zähnenknirschen zur Kenntnis genommen und mit harter Kritik beantwortet, daß eine so hohe Ehre ,Abtrünnigen' verliehen wurde. Die offiziellen Stellen haben niemals aus ihrem Zorn einen Hehl gemacht. Gorbatschow ist aber Präsident der UdSSR, also die ,offiziellste' Persönlichkeit des Landes. Und doch, wenn wir aufmerksam zuhören werden, hören wir auch jetzt Zähneknirschen. Es gibt nicht wenige derer, die heute noch in hohen Ämtern sind, die Gorbatschow niemals verzeihen werden, daß er den entscheidende Anteil an der Beendigung des kalten Krieges hatte. Er hat die Tatsache enthüllt, daß die Sowjetunion als Großmacht nur ein militärischer Gigant war. Nach Jahren der Perestroika ist das soziale Geflecht so verwest und durchrissen, daß mit dem Prestige des Staates auch das Prestige des Staatsoberhauptes leidet. Dieses Prestige wird jetzt durch Gorbatschows Nobelpreis teilweise aufgebessert. Fast so wie ein Pflaster, das auf die offenen Wunden der wenig erfreulichen sowjetischen Realität gelegt wird.

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