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Lidl darf nicht mit "Fair-Trade" werbenRunter mit dem Sozialmäntelchen!

Nach einer Klage von Verbraucherschützern und Menschenrechtlern musste Lidl Werbung für vermeintlich fair gehandelte Textilien zurückziehen.

"Faire" Kleidung gekauft? Aber bitte zurück bringen! Bild: dpa

HAMBURG afp | Die Billigsupermarkt-Kette Lidl muss nach einer Klage von Verbraucherschützern und Menschenrechtlern auf Werbung für Kleidung aus angeblich weltweit fairer Produktion verzichten. Lidl habe sich dazu in einer entsprechenden Unterlassungserklärung verpflichtet, teilte die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) am Mittwoch mit. Der Discounter dürfe nun nicht mehr behaupten, seine Textilien kämen aus fairer Produktion. "Lidl muss die Werbung zurückziehen", erklärte VZHH-Chef Günter Hörmann.

Lidl hatte damit geworben, unter anderem Textilien nur von ausgewählten Lieferanten und Produzenten zu beziehen, die gewisse Sozialstandards einhalten. Diesem Werbeversprechen gingen zwei Menschenrechtsorganisationen - die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) und das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) - mit einer Untersuchung nach, bei der die Arbeitsbedingungen in vier für Lidl tätigen Textilfabriken im südasiatischen Bangladesch näher beleuchtet wurden. Näherinnen berichteten darin von "unmenschlichen Arbeitsbedingungen". Die VZHH wurde bei ihrer Klage gegen Lidl von den beiden Initiativen unterstützt.

Der Fall Lidl beweise, wie riskant es für Unternehmen sei, "sich ein Sozialmäntelchen umzuhängen", erklärte Gisela Burckhardt von der Kampagne für Saubere Kleidung. Dennoch sei es wichtig, dass auch die Bundesregierung aktiv werde, um solch irreführende Werbeversprechen mit vermeintlich fair gehandelten Produkten zu unterbinden. Die Bundesregierung müsse Unternehmen verpflichten, "Sozialstandards in der Lieferkette einzuhalten", erklärte Burckhardt.

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9 Kommentare

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  • PH
    Peter Häusler, Weimar

    meine Freundin hat mit gerade eine Stofftasche von LIDL mit Fairtrade- Audfruck unter die Nase gehalten. Als jemand, der Billigketten konsequent einen aus seinem Leben heraushält (weil die ohne Ausbeutung gar nicht funktionieren KÖNNEN)war ich in diesem Punkt informationstechnisch mal wieder nicht angeschlossen. Habe natürlich sofort gegoogelt und unter anderem diesen Artikel hier gefunden. Wie Ihr seht: Eure Inforationen tun auch nach fast zwei Jahren noch ihren Dienst.

  • C
    claudia

    >>Wenn es so weitergeht, werden wir wohl dieses Land hier in 30 Jahren nicht mehr wiedererkennen.

  • L
    Lorenz

    Danke Andre !! ( 1. Kommentar)

     

    Du hast genau ins Schwarze getroffen!

    Das Handeln der Billigketten ist die eine Seite und soll hier überhaupt nicht entschuldigt oder gerechtfertigt werden ! Es ist nicht nur unfair, sondern teilweise ausbeuterisch, ja sogar in manchen Fällen menschenverachtend. Und den Kunden gegenüber ist es Betrug.

    Auf der anderen Seite "zwingen" wir – die Kunden – die Unternehmen ja geradezu, "um jeden Preis" bzw. um den irgendwie möglichen niedrigsten Preis anzubieten. Wenn ein Produkt irgendwo anders ein paar Cent billiger ist, geht man halt zum anderen Anbieter – mit der Begründung, "wie der das macht, ist mir doch egal" !

    Und mit dieser Aussage haben viele keine Skrupel. Wenn man allerdings von einer Verfehlung bei Lidl & Co hört, ist der Aufschrei gross.

    Die Wirtschaftler und Politiker haben insofern eine Mitschuld, als der Wettbewerb (und damit auch der Preiskampf) in den letzten Jahren , besonders auch durch die EU, absoluten Vorrang bekommen hat. Viele andere Aspekten sind jetzt nachrangig, unter anderem auch soziale und sozialpolitische.

     

    Natürlich gibt es Menschen, die auf jeden Cent achten müssen. Das trifft aber nicht auf alle Käufer zu! Und die Frage ist, was braucht man wirklich : möglichst viel, oder möglichst gute Sachen ?

  • L
    Lena

    Danke an ECCHR und CCC!

  • M
    Masel

    Naja, dank Transfair haben sie ja immer noch ein Fair-Image bei Kaffee und Zucker, das reicht denen schon.

  • O
    Oskar

    Was ist denn Lidl?

  • C
    Christian

    Endlich mal ein Richterspruch, der verdammt Sinn macht!!!

    Der Kampf gegen den unfairen Handel geht weiter!

     

    Mehr Fairbundenheit!

  • TA
    Th. Altarr

    Glückwunsch, das eine Lidl-Sozialmäntelchen ist zerrissen. Jetzt müßte man nur noch die anderen Lieferanten z.B. im Food-Bereich begutachten. Mein Verdacht: da ist es genauso schlimm - auch wenn Lidl dort nicht mit "Fairness" wirbt.

  • A
    Andre

    Die deutschen Bürger werden sich noch zu Tode sparen. Wer es finanziell nicht nötig hat und nur noch bei Billigketten wie Aldi, Lidl, Penny, Kik oder ähnlichen Läden einkauft oder in Friseurläden geht, wo der Haarschnitt für unter 10 Euro angeboten wird, darf sich hinterher nicht beschweren, wenn die Abwärtsspirale sich noch schneller dreht.

     

    Wer dort einkauft hilft zwar den Eigentümer zu noch höheren Milliardenvermögen, hilft aber gleichzeitig, das Hunderttausende Angestellte immer weniger Lohn erhalten. Die können natürlich dann auch weniger ausgeben.

     

    Manche Schweizer haben schon recht, wenn sie ihre Angst formulieren, dass diese deutsche Mentalität jetzt durch die vielen Deutschen und neuerdings Aldi und Lidl in der Schweiz hinüberschwappt und ihr bisher stabiles Gemeinwesen gefährdet.

     

    Wenn es so weitergeht, werden wir wohl dieses Land hier in 30 Jahren nicht mehr wiedererkennen.