Licht nach Plan

ERLEUCHTUNG Über die Beleuchtung kann man ganze Räume gestalten. Auch Privatleute gehen dafür manchmal zum Fachbetrieb

Sie mauern und malen nicht, trotzdem gestalten Lichtplaner ganze Wohnungen um. IhrWerkzeug ist das Licht. Und das sollte möglichst „spannungsvoll“ sein, wie Katja Winkelmann sagt. Die studierte Architektin vom Lichtplanungsbüro „Licht 01 Lighting Design“ in Hamburg-Eimsbüttel weiß, wo welche Leuchte angebracht werden muss, um einen Raum wohnlicher zu machen. Oder um seine Funktion zu betonen. Denn bevor sie Ideen zu Papier bringt, stellt sie ihren Kunden Fragen: „Wie nutzen sie den Raum? Ist es ein Arbeits- oder Ruhezimmer? Wann und wie lange halten Sie sich dort auf?“

Auch die Form eines Raumes, Wandfarben und der Tageslichteinfall müssen berücksichtigt werden. „Das menschliche Auge nimmt Licht im Raum nur über Reflexionen wahr. Die Umgebung, auf die das Licht trifft, beeinflusst unsere Wahrnehmung daher ganz extrem.“

Für das Design der Leuchten ist sie nicht zuständig. Das sei allerdings ohnehin zweitrangig: „Eine gute Leuchte zeichnet sich nicht durch ein schönes Design aus, sondern durch die Lichtwirkung“, sagt Winkelmann. Die klassische zentrale Deckenleuchte in Wohnzimmer oder Flur etwa ist für sie ein klares No-Go. „Da wird eine schlichte weiße Kugelleuchte irgendwo aufgehängt, die einen ähnlichen Lichteffekt wie eine aufgeblasene matte Glühbirne hat. Das ergibt ein völlig diffuses, wenig stimmungsvolles Licht“, sagt Winkelmann fast ein wenig pikiert.

Doch gerade diesen „typischen Fehler“, der darin bestehe, einen ganzen Raum durch eine einzelne Lampe ausleuchten zu wollen, beobachte sie oft. „Im Privatbereich geht es vor allem darum, Hell-Dunkel-Kontraste durch mehrere Lichtquellen zu schaffen“, sagt Winkelmann. „Arbeitsplatz und Badezimmer sollten generell heller ausgeleuchtet werden als der Wohn- und Schlafbereich.“ Besonders kleine, multifunktional genutzte Großstadtwohnungen könnten so mit einfachen Mitteln in verschiedene Zonen eingeteilt werden.

Auch die psychologischen und biologischen Einflüsse von Licht auf den menschlichen Körper müssen Lichtplaner im Blick behalten. „Wer sich abends einem hellen LED-Licht aussetzt, darf sich nicht wundern, wenn er nachts keinen Schlaf findet“, sagt Winkelmann. Der Grund: Der hohe Blauanteil im Licht von LED-Leuchten wirkt auf spezielle Photorezeptoren in der Netzhaut des Auges und unterdrückt so das Schlafhormon Melatonin. Als stimulierender Wachmacher eine tolle Sache, Ruhezonen entstehen jedoch eher durch gedämpftes, warmes Licht.

Mangel an Sonnenlicht im Winter, der viele Menschen in eine Winterdepression führt, könne durch künstliches Licht allerdings nicht ersetzt werden, ist sich Winkelmann sicher: „Das beste Licht für den menschlichen Organismus ist und bleibt das Tageslicht.“ Kunstlicht könne zwar eine angenehme, stimulierende Atmosphäre schaffen. Aber „Wollen Sie Licht tanken, gehen Sie lieber nach draußen – das sage ich meinen Kunden auch ganz klar“, so Winkelmann.

Manfred Ross vom Planungsbüro „Ross Gesundes Licht“ sieht das anders: Der Lichtplaner stattet Büros, Kindergärten oder Wohnungen mit so genannten Vollspektrum-Leuchten aus, die Tageslicht simulieren sollen. „Wir verbringen den Großteil unserer Zeit drinnen, brauchen aber Tageslicht zur Aktivierung unseres Stoffwechsels und für das seelische Wohlbefinden. Wir müssen es also in die Innenbeleuchtung integrieren“, sagt er. „Mit einer guten Lichtplanung schafft man Ecken und Teilräume in der Wohnung, die den natürlichen Schlaf- und Wachrythmus wieder ins Gleichgewicht bringen“.

Seit 28 Jahren ist der gelernte Hifi-Techniker im Geschäft. Mit dem Schwerpunkt „gesundheitsförderndes Licht“ ist er ein Pionier. Von „Tageslicht-Leuchten“ möchte er heute aber nicht mehr sprechen. Was unter diesem Label in Online-Shops verkauft werde, sei mit Vollspektrumlicht nicht zu vergleichen. „Wird eine Vollspektrumleuchte an der richtigen Stelle angebracht, wirkt der Raum ähnlich wie ein Wintergarten zur Mittagszeit“, sagt Ross.

Lichtplaner verdienen ihr Geld vor allem mit gewerblichen Kunden. Doch auch Privatkunden kämen auf sie zu, sagt Katja Winkelmann. Ins Büro von Manfred Ross kommen auch schon mal Kunden wegen einer einzelnen Leuchte – aus Frust, weil sie einen Fehlkauf im Internet hinter sich hätten.

Und die Kosten? „Die Ansprüche der Kunden und die Größe des Bauprojektes bestimmen den Preis“, sagt Ross. Die Lichtplanung für ein Einfamilienhaus kostet mindestens einen vierstelligen Betrag. Auch Materialkosten variieren: Eine Vollspektrumleuchte kostet zwischen 100 und 2000 Euro.Annika Lasarzik