■ Liberia: Taylors Wahlsieg könnte Westafrika stabilisieren: Vom Warlord zum Demokraten
Eine chronisch krisengeschüttelte Weltregion kommt in diesen Tagen der Stabilität einen großen Schritt näher. Freie Wahlen haben im westafrikanischen Liberia den ehemaligen Rebellenführer Charles Taylor in den Präsidentensessel gehoben. Der schillernde Warlord Taylor, der sich, je nach politischer Großwetterlage, schon mit Ronald Reagan und Tony Blair verglichen hat, erreicht so auf friedlichem Wege ein Ziel, für dessen Verhinderung Liberia einen siebenjährigen Bürgerkrieg mit 150.000 Toten erleiden mußte. Das ist ein ermutigendes Zeichen für die schwindenden Kräfte in Westafrika, die an die Vorzüge der parlamentarischen Demokratie glauben – und nicht an den bewaffneten Kampf.
Der Sieg Taylors ist vor allem ein Schlag ins Gesicht der westafrikanischen Großmacht Nigeria. Sieben Jahre lang hat Nigeria mit allen erdenklichen Mitteln versucht, Taylor am Triumph zu hindern – von der Militärintervention im Herbst 1990, als Taylors Guerilla schon vor den Toren der liberianischen Hauptstadt Monrovia stand, bis zur Unterstützung konkurrierender Warlords in den Spätphasen des Krieges. Taylor galt in nigerianischen Augen als Inbegriff des Störenfrieds, der die ganze Region destabilisieren könnte. Aber nicht Taylors Aufstand, sondern die nigerianisch geführte Militärintervention gegen ihn trug zur Destabilisierung Westafrikas bei – Exsoldaten aus der Interventionstruppe stürzten zivile Regierungen in Gambia und Sierra Leone und rebellierten in Guinea. Und nun genießt der Warlord trotzdem einen späten Sieg. Damit muß Nigeria erst einmal fertig werden – zumal im benachbarten Sierra Leone gerade vor zwei Monaten eine Gruppe nigeriafeindlicher Putschisten die Macht an sich gerissen hat.
Nigerianische Militärs sind nicht dafür bekannt, daß sie Wahlergebnisse respektieren. Sie könnten auch jetzt versuchen, eine Zivilregierung Taylor zu destabilisieren. Die nigerianisch geführte Eingreiftruppe Ecomog in Liberia ist ein Staat im Staate, der nach den UNO-Friedensplänen als einzige Gruppe im Land legal Waffen tragen darf und der einheimischen Regierung keine Rechenschaft schuldet. Solange die liberianische Regierung nur ein Provisorium zur Verständigung zwischen den Kriegschefs bildete, war das in Ordnung. Aber mit einer richtigen demokratisch legitimierten Staatsmacht muß die Ecomog anders umgehen. Sonst bleibt Liberia ein Krisenherd. Dominic Johnson
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