: Leuchtende Lampen statt baumelnder Birnen
Der Böcklerpark liegt seit Jahren nachts im Dunkeln. Bürger fühlen sich nach Mord bedroht und fordern eine neue Lichtanlage. Bezirksbaurat Franz Schulz hält punktuelle Beleuchtung nicht für sicherer und will erst mal reden
Der Kreuzberger Böcklerpark fristet nachts ein tristes Dasein. Die Fenster der umstehenden Wohnburgen aus den Siebzigerjahren sind zwar noch weihnachtlich erleuchtet. Doch ihr Licht scheint nur schwach. Sobald die Sonne untergeht, liegt der Park im Dunkeln. Der Bezirk hat es schon vor Jahren aufgegeben, die wieder und wieder mutwillig zerstörten Lampen reparieren zu lassen. An den meisten Laternen baumeln die Birnen funktionslos an den Masten.
Ein Zustand, der in den letzten Monaten für einigen Unmut gesorgt hat. Spätestens als Anfang Dezember ein 43-jähriger Mann nachts im Böcklerpark erstochen wurde, rückte das Problem in den Fokus der Kiez-Aufmerksamkeit. Bürger sammelten Unterschriften. Der Initiator der Aktion, Mustapha Herwé, erzählt, schon im November habe er immer wieder an das zuständige Grünflächenamt geschrieben und die Ängste von Frauen und Eltern geschildert, die zu Veranstaltungen im „Statthaus“ in der Mitte des Parks gehen wollten.
„Endlich neue Laternen“, sei seine Forderung gewesen, erklärt Herwé. Im Böcklerpark bräuchte man Lampen, wie sie beispielsweise am Ufer des Landwehrkanals ständen, die man nicht mit einem Tritt außer Gefecht setzen könne und die dann wieder nicht repariert würden. Als nach seinen Briefen an das Grünflächenamt auch noch der Mord geschah, sei er „richtig sauer“ geworden, berichtet Herwé. 400 Unterschriften hat er Anfang des neuen Jahres beim Bezirksamt eingereicht. Mit der Hoffnung, bald wieder sicher zum „Statthaus“ gehen zu können.
Auch die Polizei kennt die Sorgen der Bürger. Der Einschätzung der Beamten zufolge gebe es nachweislich keine erhöhte Gefährdung im Park. „Aus polizeilicher Sicht sind die Ängste der Bürger nicht nachvollziehbar“, so Wolfgang Dietz von der Polizeidirektion V. Ärgerlich findet der Beamte eher, dass immer wieder die Polizei für die Zustände im Böcklerpark verantwortlich gemacht werde – die Verantwortlichkeit läge ausschließlich beim Bezirk. Die Polizei würde es natürlich „jederzeit begrüßen, wenn der Kiez sich um sich selber kümmert“ und so das subjektive Sicherheitsgefühl der Anwohner verbessert werde, so Dietz.
Viel mehr als an Sicherheitsgefühlen liegt dem zuständigen Bezirksbaurat Franz Schulz (Grüne) an der tatsächlichen Sicherheit der Bürger. Aus diesem Grund steht er einer neuen Beleuchtungsanlage generell skeptisch gegenüber. Für Laternen an einzelnen Punkten spreche wenig. Diese erhöhten zwar zunächst das Sicherheitsgefühl der Passanten. Für echte Sicherheit werde so aber nicht gesorgt, wie die Vergewaltigungen in dem ebenfalls punktuell beleuchteten Viktoriapark zeigten: „Die Opfer sind erkennbar, die Täter im Dunkeln“, so Schulz. Tatsächlich gehe es aber darum, die Sicherheit in den Parks „objektiv, nicht nur subjektiv“ zu erhöhen. Und ob dies nur durch eine verbesserte Beleuchtung geschehen könne, bezeifelt er.
Schulz verweist zudem auf die finanzielle Situation des Bezirks, die während der letzten Jahre „nicht besser“ geworden sei. Nicht umsonst habe man aus rein finanziellen Erwägungen die andauernde Instandsetzung der Beleuchtung vor zehn Jahren nach „anhaltendem heftigem Vandalismus“ ganz aufgegeben, so Schulz.
Dementsprechend skeptisch begegnet er auch Mustapha Herwés Unterschriftenkampage – zumal die Unterzeichener „ganz überwiegend“ auch gar keine Anwohner des Böcklerparks seien.
Schulz möchte im Januar erst einmal in einer öffentlichen Diskussionsrunde mit den Betroffenen über mögliche Lösungsvorschläge reden. Schließlich habe das Thema ja „große Wellen geschlagen“. Der Stadtrat erwartet dabei nicht nur praktische Vorschläge, sondern will auch grundsätzlich klären, wie Ängste entstehen, ob sie nicht auch ein „Reflex auf die Männergesellschaft“ seien und „was Bürger von Parks in der Nacht erwarten“.
Der Schnee hat den Böcklerpark in den letzten Tagen mit ungewohntem Leben gefüllt. Abend für Abend toben Kinder und deren Väter und Mütter beim Schlittenfahren in der Grünanlage herum. Von Angst weit und breit nichts zu spüren. Nach Sonnenuntergang ist es im Böcklerpark auch bei Schnee dunkel. Aber nicht still. FABIAN GRABOWSKY