Lettlands neues Staatsoberhaupt: Der erste grüne Präsident Europas
Raimonds Vējonis ist das erste europäische Staatsoberhaupt aus einer grünen Partei. Politisch ist er eher Mitte-Rechts angesiedelt.
Stockholm taz | Mit Raimonds Vējonis übernimmt am Mittwoch Lettlands fünfter Staatspräsident seit Erringung der Unabhängigkeit sein Amt. Er wird dann das erste „grüne“ Staatsoberhaupt eines EU-Landes sein. Wobei Lettlands „Union der Grünen und Bauern“ (“Zaļo un Zemnieku savienība“, ZZS), an deren Doppelspitze er von 2003 bis zu seinem Amtsantritt stand, anders als die grünen europäischen Schwesterparteien politisch deutlich rechts von der Mitte angesiedelt ist.
Der 49-Jährige, der Anfang Juni vom lettischen Parlament gewählt worden war, zählt zu den erfahrensten Politikern seines Landes. Geboren im russischen Oblast Pskov, wo sein Vater in der Sowjetarmee diente, arbeitete er ab 1987 als Biologielehrer im lettischen Madona, legte 1995 an der Uni Riga ein Magisterexamen in Biologie ab und begann in dieser Zeit bei den Grünen politisch aktiv zu werden.
Er bekleidete mehrere Führungspositionen in Umweltschutzbehörden, bevor er zwischen 2003 und 2011 verschiedenen Mitte-rechts-Kabinetten als Umweltminister angehörte. Sein Engagement für Umweltfragen begründet er mit einem ausgeprägten Naturinteresse und persönlichen Erfahrungen: Sein Großvater sei auf einer Sowjetkolchose infolge des Gebrauchs gefährlicher Chemikalien erblindet.
Seit er 2011 Parlamentsabgeordneter wurde, wandte er sich verstärkt der Aussen- und Sicherheitspolitik zu. Im Januar 2014 wurde Vējonis Verteidigungsminister und profilierte sich als Befürworter einer umfassenden Aufrüstung des einheimischen Militärs und einer permanenten Anwesenheit von NATO-Truppen in den baltischen Staaten.
Man werde in Lettland niemand finden, der Vējonis für einen charismatischen Politiker hält, meint die Rigaer Politikwissenschaftlerin Iveta Kažoka: Aber auch kaum jemand, der über ihn etwas Schlechtes zu sagen habe. Vējonis - verheiratet mit der Lehrerin Iveta, zwei Kinder - sei für den repräsentativen Posten des Staatsoberhaupts als „das kleinere von zwei Übeln“ gewählt worden. Im entscheidenden Wahlgang stand die Entscheidung zwischen ihm und einem Kandidaten der rechtsextremen „Nationalen Allianz“. Als zwei Schwerpunkte seiner Präsidentenzeit nennt Vējonis ein ökologischeres Lettland und ein besseres Verhältnis zu Moskau.