Letter from Shanghai: Abschied von stiller Anmut
■ How to be hip in Shanghai – als Frau!
Nami, Mariko und Booboo, allesamt in den Zwanzigern, vertreten für das (überschaubare) Shanghaier Kreativleben die Sparten Literatur, Mode und Musik. Alle drei waren mir lange als essentielle Teilnehmer des (ebenfalls überschaubaren) Shanghaier Nachtlebens aufgefallen; wer sie sind und was sie tun, erfuhr ich erst viel später.
Auf der Tanzfläche des DD's, Shanghais Late-night-Club für die Samstagabende, bildet das Trio gern mal eine anmutige Gruppe; zuweilen läßt sich Booboo, ein kleiner, sanft gerundeter Mann, von einem Haufen staksiger Shanghaier Models umringen. Während Nami rein äußerlich sämtliche bekannten Vorurteile über asiatische Frauen ad absurdum führt, hat Mariko das neuchinesische Girlie-Ideal zu derartigen Höhen absurder Vollendung geführt, daß man hinter dem Gekiekse, den pigtails, den Plateauschuhen etc. die Fotografin und Stylistin für die Modezeitschrift HOW nur nach mehrmaligem Augenzwinkern wahrnimmt.
HOW – das führen Mariko und Nami ziemlich brillant vor, allerdings immer schräg vorbei an der gängigen Typologie. Die kennt – sehr verkürzt gesagt – drei Grundtypen chinesischer Weiblichkeit: Das Girlie, den Vamp und die Geschäftsfrau. Alles auf seine Art sehr feminin und in deutlichem Kontrast zur Einebnung der Geschlechter während der Kulturrevolution und ihren Nachwirkungen für die Frauen mittleren Alters.
Mariko entwickelt, an den Vorschlägen ihres Magazins vorbei, das Girlie zur comic-haften Größe, während Nami, knabenhaft-schlank und mit dem Gesicht eines expressionistischen Holzschnitts, das Haar postpunkähnlich rot färbt und sträubt. Beide vermitteln nicht den Eindruck, als sei das von (westlichen) Männern so geschätzte Stereotyp der stillen Anmut und passiven Sanftheit noch sehr viel wert. Stephanie Tasch
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