LeserInnenbriefe:
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Leitkultur-Handschlag verweigert
betr.: „Integrationskurs für den Innenminister“, taz vom 2. 5. 17
Ich nehme lieber eine Frau mit Burka in den Arm, als Herrn de Maizière die Hand zu geben.
STEPHANIE KÖNIG, Kaltenkirchen
FDP-Hengste im Licht
betr.: „Stuten im Nebel“, taz vom 29. 4. 17
Was sind das eigentlich für Typen, die behaupten, das Rezept zur Gesundung der Welt zu besitzen? Guido Westerwelle: Jurist und jahrelang juristischer Beistand mittelständischer Unternehmen. Kannte die Probleme dieses wichtigen Bereichs der deutschen Wirtschaft wie kein anderer. Philipp Rösler: Mediziner. Wusste als Arzt mit eigener Praxis genau, wo den freiberuflich Tätigen die staatliche Gängelei die Luft abschneidet. Rainer Brüderle: Volkswirt. Schaffte es bei einem DAX-Unternehmen bis in den Vorstand, bevor er in die Politik ging. Christian Lindner: Doktor der Politikwissenschaften. Hat ein Start-up hochgezogen und an die Börse gebracht. Weiß genau, wo jungen dynamischen Unternehmern der Schuh drückt. Ein Blick in Wikipedia allerdings zeigt: Westerwelle hat drei Jahre in der Kanzlei seines Vaters gewirkt und dann beschlossen, Berufspolitiker zu werden. Rösler hat nie eine eigene Praxis gehabt, sondern war als Arzt bei der Bundeswehr angestellt. Brüderles Gehalt wurde nach seinem Studium von 1971 bis 2013 aus Steuermitteln bezahlt. Lindner war tatsächlich einige Jahre freiberuflich unterwegs und hat zwei Unternehmen gegründet. Eines ist mangels Geschäft still entschlafen. Das andere ging (zu Lasten des Steuerzahlers) bankrott. Seine Promotion hat er abgebrochen. THOMAS DAMRAU, Böblingen
Trumps Bombenkultur
betr.: „Null mal null ist null“, taz vom 27. 4. 17
Ingo Arzt hat ja recht, wenn er die mangelnde Effizienz in der Politik des amerikanischen Präsidenten beschreibt. Fast könnte man erleichtert sein, wenn man den Artikel gelesen hat. Aber da sind doch erhebliche Zweifel angebracht. Die Welt nimmt ihn nicht ernst – gegen diese Wahrheit wird Trumps Umgebung ihn nicht auf Dauer abschirmen können. Eine Figur wie er wird aber mit dieser Wahrheit nicht leben können. Er wird Felder suchen, auf denen er sich beweisen kann, und er wird sie nicht in der Wirtschafts- und Finanzpolitik suchen, wo der Wind von Großkonzernen und Lobbygruppen ihm entgegenweht. Es ist zu befürchten, dass er sie in militärischen Aktionen sucht, immerhin hat sein Syrien-Bombardement bereits eine positive Reaktion gezeigt. Möglichkeiten gibt es viele, Widerstände wenige, und es ist überhaupt nicht sicher, ob Nordkorea ihm groß genug ist. ROLF SCHMIDT, Gütersloh
Saudi-Arabien? Spahn schweigt
betr.: „Soll das gelungene Integration sein?“, taz vom 29. 4. 17
Das taz Interview mit Jens Spahn gehört sicher zur lesenswerteren Hälfte aller Presseinterviews. Wie es sich gehört, hat Spahn das letzte Wort zur Sache. Aber dass er sich dabei ausgerechnet als Verteidiger des Asylrechts und ebendeshalb als Abschiebungsbefürworter empfiehlt, ist schon atemberaubend. Seine Partei war es immerhin, der 1993 die Zertrümmerung des Asylrechts bis auf einen kümmerlichen Rest gelungen ist. Müssen Abzuschiebende geopfert werden, damit anderen geholfen werden kann, und sind darum unhinterfragte Tautologien wie die, dass „Ausreisepflichtige“ eben ausreisepflichtig sind, intellektuell zumutbar?
Es gibt Grund genug, Jens Spahn mit kritischen Fragen und Herausforderungen zuzusetzen. Allerdings sollte ihm nicht auch dort Kontra gegeben werden, wo er recht hat. Es stimmt nun einmal, dass der türkische Staat die Ditib-Moscheegemeinden kontrolliert und finanziert. Und es ist völlig klar, dass auf dieser Grundlage die türkisch-muslimischen Gemeinden in Deutschland mehr und mehr von der Umwandlung der Türkei in eine islamistische Diktatur betroffen sind – Bespitzelungen sind an der Tagesordnung, Erdoğan-kritische Imame werden abberufen. Und überall, wo der Einfluss saudi-arabischer oder saudisch finanzierter Prediger wächst – etwa in Südostasien –, breitet sich ein Klima lebensbedrohlicher Intoleranz aus. Dem CDU-Politiker Jens Spahn wäre entgegenzuhalten, dass er über das gerade wieder von Angela Merkel neu bekräftigte informelle deutsch-saudische Bündnis kein kritisches Wort verliert.
JÜRGEN KASISKE, Hamburg
Reparaturinstrumente der Städte
betr.: „Soll das gelungene Integration sein?“, taz vom 29. 4. 17
Soll das nun gelungene Politik sein? Nehmen wir einmal an, Jens Spahn habe recht: In Duisburg, Hamburg und Berlin gäbe es Straßenzüge, die von „Clans“ beherrscht werden, die also so etwas wie unserem Rechtsraum entzogenes, exterritoriales Gebiet seien. Wenn es so ist, wäre es kein guter Zustand, aber er wäre aus einem langen Prozess hervorgegangen, an dem auch die Stadtgesellschaften durch mangelndes Engagement, durch mangelnden Einsatz probater Mittel in negativer Weise mitwirkten. Aufgabe der Politik wäre es gewesen, sensibel und vorausschauend auf soziale Entwicklungen zu reagieren. Und dann bedarf es nun eben größerer Anstrengungen der Stadtgesellschaften, größerer personeller und materieller Anstrengungen: aufsuchende Sozialarbeit, Engagement der Arbeitsvermittler, Jugendarbeit usw., also den Einsatz aller „Reparatur- und Zukunftsinstrumente“, die freiheitliche, demokratische Stadtgesellschaften aufzubieten haben. RAINALD SIMON, Amöneburg
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