LeserInnenbriefe:
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Face to face
betr.: „Wisch – und weg“, taz vom 5. 1. 17
Mir wird bei solchen Themen bewusst, dass ich so langsam alt werde, und fühle mich manchmal wie der eine oder andere befreundete Lehrer, der noch zehn Jahre nach Beginn des privaten Computerzeitalters an seiner Hermes Baby festhielt und sich von seinen Schülern später die Nutzung eines PCs erklären lassen musste. Wäre ich jung und auf Partnersuche, dann wäre eine Dame, die nicht in die Öffentlichkeit kann, ohne sich schützend an einem Smart- oder iPhone festklammern zu können, ein absolutes No-go. Unabhängig von der Frage, ob Dating-Apps wie Tinder tatsächlich hilfreich bei seriöser Partnersuche sein können, wundert es mich, dass über die virtuellen Kommunikationssitten, die inzwischen beinahe flächendeckend „auf der Straße“ zu beobachten sind, doch vergleichsweise wenig reflektiert wird. Wenn ich morgens in die S-Bahn steige und bewusst eine Viererplatzgruppe suche, in der maximal nur ein Fahrgast sitzt, der an einem virtuellen Kommunikationsgerät herumreibt, so durchlaufe ich inzwischen zumeist das gesamte Abteil ohne Erfolg. Technik und technologische Entwicklung sollten wir nutzen, wo sie hilfreich ist und das Leben erleichtern. Sie sollte aber nicht zum Selbstzweck degenerieren und ein Eigenleben führen. Was macht es dauerhaft mit einer Gesellschaft – auch in sozialer Hinsicht –, welche in der Öffentlichkeit nur mit Menschen zu kommunizieren in der Lage ist, wenn diese gerade nicht face to face anwesend sind? EWALD BECK, Bad Homburg
Hilfreich und erwünscht
betr.: „Gutes Plastik, böses Plastik“, taz vom 6. 1. 17
Die Initiative von Greenpeace ist nur zu begrüßen und die Einwände des UBA, entsprechend den zitierten Äußerungen von Marcus Gast, sind nicht hilfreich. Hilfreich und dringend erwünscht erachte ich hingegen ergänzende Studien zum milliardenfachen Mikroplastikabrieb von Vliesbekleidung beim Waschen in der Waschmaschine. Wie problematisch ist die gängige „Entsorgung“ des Plastikflaschenmülls zu den beliebten und billigen Vliesstoffen? WOLFGANG VON AU, Wuppertal
SPD überzeugen
betr.: „Kein flotter Dreier“, taz vom 2. 1. 17
Barbara Dribbusch schreibt, „Die Linkspartei ... will alle Sanktionen abschaffen. Das dürfte kaum durchsetzbar sein.“ Auch die Grünen haben auf ihrem letzten Bundesparteitag in Münster eine Abkehr von den Hartz-IV-Sanktionen beschlossen: „Wir wollen eine Arbeitsagentur als Dienstleister der Arbeitssuchenden und eine sanktionsfreie Grundsicherung im SGB II. Wir wollen ein Ende der Praxis von Androhung und Bestrafung, die in vielen Jobcentern und Arbeitsagenturen Realität ist. Stattdessen setzen wir auf Motivation, Anerkennung und Beratung. Sanktionen gefährden sowohl den kooperativen Charakter des Fallmanagements als auch ein menschenwürdiges Existenzminimum, daher wollen wir sie abschaffen.“ Wir müssen also zur Durchsetzbarkeit nur noch ein wenig Überzeugungsarbeit bei der SPD leisten. MARTIN DREES, Wahlstorf
Theater ist nicht Film
betr.: „Blackfacing: Im Zweifel für die Würde“, taz vom 3. 1. 17
Was ist denn nun rassistischer: ein weißer Melchior oder ein schwarz geschminkter? Oder ist es nicht schon Blackfacing, als Weißer über Rassismus gegen Farbige zu schreiben und in Anspruch zu nehmen, man kennt die getretene Würde? Was Theater angeht, ist die Diskriminierung ja noch viel verbreiteter: der / die alte Person: geschminkt! Ethnien: geschminkt! Theater ist halt nicht Film, wo das Budget etwas mehr sein darf.
CHRISTIAN KOLLMANN, Moers
Zu tun gäbe es genug
betr.: „Keine Hoffnung für Sparer“, taz vom 5. 1. 16
In den Zeiten des Wirtschaftswachstums nach dem letzten Krieg gab es genügend gewinnversprechende Anlagemöglichkeiten auch für kleine und mittelständische Unternehmen. Diese Zeiten sind halt vorbei, wenn selbst aus dem deutschen Außenhandelsüberschuss Gelder verbrannt werden und Schulden bis zum Gehtnichtmehr bei der EZB gestapelt werden. Heute müssen Banker – gerade wegen der kleinen Zinsen – höllisch aufpassen, dass sich die Kredite ihrer Kunden am Markt der immer größeren und gierigeren Unternehmen nicht verflüchtigen. Und Herr Schäuble weiß sehr wohl, dass Investitionen in Europas Randstaaten nicht unbedingt die Nachfrage in Mitteleuropa fördern, sondern neue Konkurrenz schaffen, die hierzulande das Wirtschaften nicht erleichtern. Zu tun gäbe es genug.
Mein Klimaprojekt wäre, rund um die Küsten Nordafrikas Meerwasserentsalzungsanlagen zu bauen, um die Wüste zum Grünen zu bringen und CO2 absorbieren zu lassen, vielen Menschen Arbeit und Nahrung zu geben. Aber so einen langen Atem bis zur Rendite hat selbst Herr Trump nicht mehr. So bleibt für mich als Alternative zur Globalisierung nur der Rückzug in die Regionen als selbstständige Wirtschaftseinheiten. Schleswig-Holstein hat alles, was uns in/aus der Krise hilft: Nahrung, Strom und Wärme, viele schlaue Menschen. Lernen müssen wir wieder Zusammenhalt, Solidarität, Basisdemokratie, wie es nach 1945 schon einmal möglich war. Tausche Schafskäse gegen Weintrauben.
DIETMAR RAUTER, Kronshagen
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